vom sofa in die Unterwelt

Montag, 6. März 2006

Es tanzt ein Bi-ba-butzemann ...

Es tanzt ein Bibabutzemann in unserm Haus herum, fidebum!

Das, was sich hier so nach Kinderidylle anhört, ist im eigentlichen Sinne, laut Wörterbuch des Aberglaubens ganz anders zu verstehen: der Butzemann -- “Bojse Mann” ist der “Böse Mann”! In der Schweiz heißt er Buschebau, in Östererreich mal so, mal so.

Und uns wird eingetrichert, die Eltern sollen ihre Kinder nicht mit Angstmachen erziehen. Dabei drohte mein Opa immer ganz schamlos, wenn wir nicht schlafen wollten, im Kohlekeller sei das Bett schon für uns gemacht. Er würde, wenn wir nicht aufhören, einen von uns da rein schicken! Die Unterwelt, jaja, damit macht den Kindern gerne Angst.

Ich singe ab jetzt für meine Kinder verständlicher:

Es tanzt ein richt'ger Schei - heiß Kerl in unserm Haus herum, rattatum!

Freitag, 3. März 2006

Gaunergrammatik

Dem Sprach- und Kulturgelehrten Shlomo a Lurion war fad. Seine Studierstube roch ihm nach arg verschimmelten Gedanken. Die Schriften auf losen Blättern Papier lagen überall herum, hatten für ihn aber keinerlei Bedeutungen. Wilhelm Mühlmann, Richardt Thurnwaldt und deren Rumgeseiere über menschliche Urkonstanten. Die einizge Urkonstate von Shlome a Lurion war, dass ihm fad war. Er brauchte Abwechslung! Wie oft hatte er schon die Matrizen angehört, auf denen er Mundarten der Gauner sammelte? Hunderte Male! Zugegeben, es war auch eine stattliche Wörtersammlung fremder Gaunersprache dabei herausgekommen aber pf! das Ganze ergab doch nichts, absolut nichts vernünftiges. Er brauchte mehr, mehr Geschichten, mehr Sätze, mehr Wörter. Er brauchte sie von allen, von den Nutten, huhh waren die heiß, wenn man ihnen die eine oder andere Mundart herauslocken wollte, den fahrenden Handwerker, bei denen die Fäuste locker saßen, den herumziehenden Wandermönchen, die mit ihren Penisringen nicht nur die Frauen auf dem Land in heilige Liturgien versetzen konnten, den fahrenden geheimniskrämerischen Juwelieren, er brauchte Sprachmaterial von allen. Das war das Leben! darin konnte er sich baden, nicht in diesem sterilen Theoretikerjargon der ängstlichen Sesselfurzer.

Und so schloss er das Zimmer in seinem Wohnviertel sorglos zu und ging durch die geschäftigen Straßen in der Nachmittagssonne in das Bahnhofsviertel. Darin lag eine Kneipe, eine ganz besondere Taverne, in der sich Hinz und Kunz trafen. Leute aus der Diebesgilde, den Kesselflickern, den Bettlern, den Babyhändlern, kurz alle, die neben zwielichtigen Geschäften auch gleich noch zwielichtige Ausdrucksweisen hatten.

Die Tür ging auf und er trat in eine weitgehend stille Kneipe. Für die Massen war es noch zu früh, die mußten zuhause noch nach dem Rechten sehen und das von ihren Frauen bereitete Mal einnehmen. Mit nüchternem Magen trinkt es sich nicht gerne!
Nur Gadar Schwarz, der Narr war da. Shlomo ging zu ihm, er bekam wieder diese geilen Schweisshände, die er immer bekam, wenn er Unbekannten gegenübertrat und Wissen zu finden hoffte.
"Hallo, meine Name ist Shlomo!"
"Hmm!" murrte der Hospitalismusfreak Gadar.
"Ich brauche Wörter, deine Wörter aus deiner Sprache!"
"Hmm, bekomm ich dafür ein Bier?"
"Na klar!" Schlomo freute sich, er hatte wieder einmal einen Untergrundler an der Angel.

"Also!... ", begann er freudig erregt auf Gadar einzuquatschen, der seinen Körper immer mehr nach vorn und nach hinten wippen ließ. Das war kein gutes Zeichen, vor allem war es das totsichere Zeichen, dass Gadar ihm gar nicht zuhörte.

"Nun ja", bemerkte Schlomo, als er sah, dass alles Reden sogar an der Tapete abprallte, und die war sonst recht verständig, jedenfalls in Schlomos Augen. "Dann versuchen wir es doch auf deine Weise! Erzähl mir einfach eine Geschichte!"

Da fing Gadar an: "Was soll ich Dir Oberschlaumeier schon erzählen? Passiert ja so nicht viel hier… Aber heute, da bin ich in der Strasse der Juweliere gewesen. Da gab es eine Braut, Mann! die hatte Titten, so geile Möpse, dass ich volle Kanne einen Steifen bekommen habe. Dann schaue ich runter auf ihren Arsch und was sehe ich? Zwei pralle feste kleine Berge und die Gegend um die Fotze, die wölbte sich schön nach vorn. Hm, ich war gespannt wie ein Flitzebogen. Aber was soll’s war eh für die Katz. Ihr Kätzchen schnurrt eh nur für die die Reichen! Kriegt ja von ihrem Alten auch die nötigen Penunzen, für ihren Spaß. Ha, soll sie nur machen, ist ja noch nicht unter der Haube, kann se sich ja noch ausprobieren."

Schlomo war begeistert. Ein Kollege, Lutz der Hammer, hatte ihm schon vor Jahren zu dieser Technick geraten. Er nannte es ‚’orale Geschicht’’ bei oral musste Schlomo immer an die Foltermethoden der Mädels aus dem Internat denken. Die wandten sie aber komischerweise nur bei den bebrillten Leseratten an. Naja jetzt hatte sie sich gelohnt. Er hatte zwei Fliegen mit einer Klatsche erlegt. Erstens hatte er einen Teil des Alltages aufgenommen, zweitens hatte er wieder seine Wortliste geheimer Gaunersprachenwörter vervollständigt:
  • Oberschlaumeier,
    Braut,
    Titten,
    Möpse,
    volle Kanne,
    einen Steifen,
    Arsch,
    Fotze,
    gespannt sein wie ein Flitzebogen,
    schnurrendes Kätzchen,
    Penunzen,
    unter der Haube
Er würde jetzt Heim gehen und in die Wörterbücher schauen. Wochen der ausgefüllten Arbeit lagen vor ihm. Er freute sich unbändig. Er war auf seinem Weg zur Gaunergrammatik wieder einen Schritt näher gekommen.

Freitag, 23. Dezember 2005

Alle schauen zum Himmel!

Da regt sich doch morgen was. Der eine erwartet Schnee zu sehen. Der andere schaut nach dem Rentierschlitten. Der nächste erwartet eine Erscheinung vom Christkind. Alle erwarten irgendetwas von da oben.
Nur ich schaue immer wieder in die Unterwelt.. hätte ich hier beinahe gefrötzelt aber nein, darum soll es jetzt nicht gehen.

Neulich, nach einem klitzekleinen Arbeitstreffen mit sehr gut befreundeten Kollegen: die eine Ungarin, die andere Türkin. Da wünscht man doch ein Gutes Neues Jahr und läßt der Muslima zu Liebe die Christgeburt unter den Tisch fallen. Blöder Quatsch. Jesus ist bei denen auch ein Prophet, dachte ich mir später, seine Geburt auch ein Ereignis, nur eben kein Fest. Ich bekam von beiden ein schönes Fest gewünscht und konnte mir aussuchen, was sie meinen: Weihnachten, den kürzesten Tag des Jahres bereits überstanden zu haben, den Jahreswechsel, die heiligen drei Könige, kommendes Opferfest (Qurbon Hayit) der Muslime (oh Gott hoffentlich sehen wir uns früher).

Oder eine mail an einen anerkannten Zigeunerforscher, er selbst jüdischer Abstammung. Auch hier lieber gar nichts gewünscht, aus Verlegenheit. er schrieb ein vollmundiges Wunschprogramm zurück. Scheisse, dachte ich mir, also noch einmal heute mail schreiben, irgendeinen Vorwand finden und darauf einen ganzen Schwanz von Glückwünschen hängen.

Als ich mit meiner Frau den Tag besprach --(wir machen es immer wie in einer „freien Schule“ - na liebe Kinder, was wollt ihr heute denn lernen? - wie man Lehrerinnen einkocht!!) --fragte ich tatsächlich die Frage, ob ich denn eine Glückwunschrundmail schicken solle... peinlich peinlich

Mann, wann ist diese unsichere Zeit endlich vorbei? Wann kann ich endlich wieder über anderes nachdenken, zum Beispiel über die Unterwelt ... ?

Donnerstag, 15. Dezember 2005

Tagtraum

Es war ein herrliches Land, die meisten Monate war es warm, manchmal heiß aber da Bernd in den Gefängnismauern zu tun hatte, die immer eine nette Kühle abgaben, war es sogar in der Hitze erträglich. Die Sprache war auch gar nicht so schwer, man war ja schließlich quasi Sprachverwand: "Terapia-e dasti shabva in germanecba shudmi?" Hieß soviel wie: "Hat der deutsche Gefangene schon seine manuelle Therapie gehabt?" Darauf kam dann immer die Antwort, "In shabva se shor mahal" "Heute Nacht waren es drei vier mal!" Früher hatte Bernd diese manuellen Therapien selbst anlegen dürfen. Das waren andere Zeiten. Er war beschäftigt damals im Stasigefängnis in Hohenschönhausen und wohnte gleich nebenan. Damals gab es da mehrere Methoden und Behandlungsräume. Aber das zählte seit der Vereinigung als Folter und durfte nicht mehr angewandt werden. Deshalb wurde diese Ermittlungsmethode out-ge-sourced wie man so schön neudeutsch sagt und Bernd hatte nur noch die Früchte der Entwicklungsarbeit zwischen den Partnern zu ernten. Das war ein Deal, auch wenn es ihn nicht glücklich machte, weil Bernd manchmal das Gefühl hatte, dass die Tadschikejn es nicht richtig machen, also schon richtig aber eben nicht so gründlich wie er vorgegangen war, früher. Auch passten sie nicht so genau auf beim Zuschlagen. Man konnte doch immer wieder Spuren ihrer Gewalt erkennen. Naja, aber die neuen Regel zwangen einen eben auch zu Kompromissen. Aber als er das von seinen amerikanischen Kollegen gehört hatte, dass sie wieder sich auf sich selbst verlassen würden, das beeindruckte ihn. Die Jungs, obwohl er mit seiner antifaschistischen Ausbildung eigentlich nicht so besonders gut auf die Amis zu sprechen war, die Jungs würden das einzig Richtige machen. Willst du was wissen, reicht es nicht von Ferne zu lauschen. Willst du was wissen, mußt du beim Stromstoss schon dein Ohr in der Nähe des Terroristen haben! Naja, egal man konnte nicht alles haben. Wenigstens war er in einem schönen Land. Die Berge waren im Sommer schneebedeckt, die Almen der Berge kannten tausend Farbspiele.

Es wurde Mittag der Tee und eine Netzmelone wurden zur Erfrischung gebracht. Er wollte danach gleich anfangen, die Folgen der manuellen Therapie auszunutzen und in den Ermittlungen fortzufahren. Er war ja schließlich nicht zum Schwärmen hier. Aber die Arbeit machte eben Spass, dass fühlte Bernd sehr genau. Er stoß die Tür auf und zwei dieser ängslichen Terroristenaugen starrten ihn an. Der mußte doch wissen, das er von Bernd nichts körperlich zu befürchten hatte! Naja, die lernens eben nie...

Autsch! Bernd zuckte zusammen. Er hatte sich gerade seine Finger an einer Zigarette verbrannt, die er sich angezündet hatte, bevor der Tagtraum ihn übermannte. Er saß in seiner Zweizimmer Wohnung in Berlin Hohenschönhausen und starrte aus dem Fenster auf seine ehemalige Arbeitsstelle, das Stasigefängnis. Er beneidete seine Exkollegen vom BND, die konnten noch richtig arbeiten. Er selbst hatte durch die Geburt am falschen Ort keine Chance mehr auf dem Arbeitsmarkt der Folterer.

Mann! Das war 'nen Traum, er in Tadschikistan und endlich wieder arbeiten! Bernd war seit mehr als zehn Jahren qausi arbeitslos. Er war bei mehreren Wachschutzfirmen gewesen aber das war alles nichts, seit Harz IV bekam er fast genauso viel wie bei Zeitarbeitsfirmen. Bernd machte sich eine Kaffee und schaute aus dem Fenster. Vor ihm das Stasigefängis Hohenschönhausen. Das waren Zeiten damals...

Mittwoch, 14. Dezember 2005

Harut und Marut

Harut und Marut, so erzählen viele muslimische Dichter, waren zwei Engel, die sich vor Gott wunderten, warum die Menschen sich denn auf der Welt so versündigten. Darauf antwortete Gott: „Ich Habe Den Menschen Zehn Begierden Gegeben, Wenn Ihr Diese Begierden In Euch Spüren Würdet, Ihr Würdet Genauso Handeln!“
-“Nee“, erfrechten die Engel sich da zu sagen. „Wenn wia in det Erdenraisch kommen würden, wir koennten den Typen da unten lehren, wat jutet Benehmen bedeutet!“ Da sagte Gott: „ACHSO?“ und sandte sie auf die Erde, ihren sich selbst auferlegten Dienst zu erfüllen. Er gab ihnen zum Abschied den 100. Namen Gottes mit. Wenn sie den ausrufen würden, würde sich für sie der Himmel öffnen und sie könnten zurückkehren.

Also machten die Engel ihre Flügel noch son bissel schick und stiegen die Gangway runter auf die Erde. Sie kamen irgendwo bei Babel an und freuten und wunderten sich über die Menschen. Es dauerte nicht lang und die Jungs bekamen eine Frau zu Gesicht. Die hieß wohl Zuhra. Sie fanden diese ganz sympathisch und vergnügten sich mit ihr. Sie gab ihnen Wein zu trinken und sie hauten mächtig auf die Kacke. Bis Zuhra ihnen von ihrem Ollen erzählte, der sie wohl ständig nerven würde. Nix für ungut, dachten sich da die Engel, der Typ muß weg. Und schnipps hatten sie den ersten Mord auf dem Kerbholz. Als sie dann noch weiter soffen und den Macker machten, da verrieten sie dem Zuhralein den Namen Gottes, der einen zu Himmel fahren lassen kann. Sie hatte gerade nichts besseres zu tun, rief den Namen laut aus und fuhr gen Himmel, in dem sie sich in einen Abendstern verwandelte. Gott aber war fürchterlich sauer und sagte den Engel: „Also Jungs Paßt Auf! Ihr Könnt Wählen Zwischen Der Strafe In Meinem Reich, Die Ewig Währt Und Der Strafe Im Erdenreich, Die Irdisch Währt!“
Hmm, grübelten da die Engel und entschieden sich für eine Erdenstrafe. So wurden sie in einen Brunnen gehangen, ein paar Zentimeter über dem Wasserspiegel. Hier dürsteten und quälten sie sich. Aber nix für ungut, dachten sich da die Teufelskerle, und sie lehrten diejenigen, die dem Brunnen näher kamen, die Zauberei, die in ihr himmlisches Curriculum gehörte. Und so kam die Zauberei in die Welt und Harut und Marut von ihrem himmlischen Sesselfurzerjob in ihre kleine private Unterwelt.

Die Moral von der Geschicht: die gibt es nicht?

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Olim ist ein arabischer Vorname, der sich aus der Silbe ilm ableitet und soviel heißt wie der Wissende oder Wissenschaftler. Ich habe den Namen 1994 in Buchara verliehen bekommen und ein Jahr später angefangen, Mittelasienwissenschaften zu studieren. Das tue ich heute immer noch im fortgesetzten Stadium. Devona ist ein Wort das man fuer verrückt, entrückt, weggetreten benutzen kann. Es hat immer irgendwie mit Liebe zu tun, zu den Menschen, zum Leben, zu Gott. Naja und das zusammen macht die Figur Olim devona aus. Manchmal schlüfe ich in sie hinein und fuehle mich dann total devona.

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