stralau (Gast) - Do, 15:39

Zu Thatcher: Die sog. friedliche Nutzung der Kernenergie hatte ihren ersten Aufschwung in den fünfziger und sechziger Jahren, nicht in den Achtzigern. Das erste Atomkraftwerk wurde 1955 in der Sowjetunion gebaut.

Zur wissenschaftlich unbegründeten Angst: Du sagst selbst, daß Du von Meteorologie keine Ahnung hast. Dann finde ich eine Behauptung, die aktuellen Forschungen in diesem Bereich seien ausschließlich dem Machtwahn des modernen Menschen geschuldet, eine gewagte Unterstellung. Belege für mangelnden Respekt gegenüber Gott oder den Naturgewalten lassen sich ja an vielen Stellen finden, sie ausgerechnet in der Klimaforschung zu suchen, halte ich, Verzeihung, das ist keine Kritik an Dir, sondern an der These, für eitle Feuilleton-Thesen.

Hast Du im verlinkten Wikipedia-Artikel auch die Kritik an dem Film gelesen? Ein Beispiel (und da gibt es mehrere): die Darstellung der Sonnenfleckenaktivität endet im Film im Jahre 1980, während das IPCC mit wesentlich neueren Daten arbeitet. Weiterhin wird behauptet, der Film stütze sich im wesentlichen auf längst widerlegte Arbeiten. So etwas würde ich unseriös nennen. Sicher gibt es recht hilflose Reaktionen auf die ganze Debatte (Live Earth, wir müssen alle immer nur schön das Licht im Flur ausschalten, dann wirds gut), das entkräftet aber noch nicht die Forschungsergebnisse des IPCC.

Am absurdesten finde ich aber das Afrika-Argument: zum einen gibt es keinerlei Einschränkungen im Kioto-Protokoll für Entwicklungsländer und auch nicht für Länder wie Indien und China. Die damaligen EU-Staaten haben sich verpflichtet, ihren Ausstoß zu senken, Rußland und die Ukraine, ihn nicht über das Niveau von 1990 zu steigern. Weiterhin sind Entwicklungsländer aber überproportional von den Klimaänderungen betroffen, wenn sie denn eintreten wie befürchtet.

Olim-devona - Do, 20:31

Ach Stralau, mit Dir streite ich mich gerne! Die Schrulle modernen Denkens bezieht sich in keinem Fall auf das was Wissenschaftler auf höchsten Niveau betreiben. Hier kann ich höchstens den alten (faustischen) Mythos wiederfinden, jedoch nicht den Mythos des "Macht Euch die Erde Untertan." Ich will aber trotzdem darauf bestehen, dass der Erfolg dieser Debatte in den Köpfen der Mehrheit der Menschen grundlegend mit der elementaren Erfahrung des Wetters zu tun hat und diese Verkettung von zwei völlig getrennten umwelt(politischen) Themen hier eine auch medial gestützte Angst vor der Ungeschützheit vor den Gewalten der Natur hervorbringt. Diese nun wird konterkarriert mit der Idee von wir kriegen auch dass noch iun den Griff. Da gehe ich mit dem Argument im Film mit, dass der sensationslüsterne Pressemob gerade diese Themen aufgreift, weil sie sich gut vermarkten lassen. Ich erinnere nur gerne an die Gleichzeitigkeit von Tsunami in Südostasien und Erdbeben in Pakistan. Hier bekamen die unzähligen Videoamateuraufnahmen aus den Urlaubsgebieten den krassen (auch zeitlichen) Vorzug vor den erschütternden Geschichten der pakistanisch indischen Himalayatragödie.

Auch sehe ich ein krasses Ungleichgewicht in der Rezeption von umweltpolitischen Themen. Während vor der eigenen Haustür durch Autobahnbau und industriellen Investitionen viele Quadratkilometer naturräumlichen Lands vernichtet werden, erschüttern uns die Bilder von untergehenden Südseeinseln, die weniger mit dem Abschmelzen der Polkappen zu tun haben als mit der thermodynamischen Ausdehnung des Wassers aufgrund der Erderwärmung. Während sich also unser Auge befeuchtet wird durch die untergehende wilde Fremde rasen wir in treibstoffreduzierten Autos auf der Ostseeautobahn gleichzeitig an die Orte unserer Urlaubswahl und fühlen uns dabei besser als mit dem Urlaubsflieger auf die Kanarioschen Inseln zu fliegen. Das meine ich mit ungünstiger Verknüpfung verschiedener Themen.

Absurd finde ich das Afrikaargument gar nicht. Während in den Köpfen der Menschen sich die Idee des CO2 Ausstosses in direkter Verbindung mit dem Verursacher "Industrialisierung" verknüpft, wird den Entwicklungsländern der moralische Boden für eben eine solche Industrialisierung entzogen. Zuerst verkaufen wir ihnen hybride Saatkulturen, dann zwängen wir sie in ein CO2 Emissionskorsett, das wir sogar noch von ihnen abkaufen, damit die Industrieländer weiterhin ihre CO2 Produktion aufrecht erhalten können. Nach den letzten 500 Jahren europäischer Kolonisierungsgeschichte der restlichen Welt soll nun eine Trendwende gekommen sein, in der die koloniale Idee der Angst vor der Erdzerstörung weicht? Ich sehe in der Klimapolitik also, um es überspitzt zu formulieren ein Aufleben der Hegemonialpolitik der westlichen Welt. Und bei der ist leider bisher wenig Gutes bei herausgekommen.
stralau (Gast) - Do, 20:44

Das Betrachten irrationaler Mode-Ängste und woher sie kommen ist ja tatsächlich interessant. Und so kann man sich fragen, ob nicht die Angst vor dem Klimawandel (und der islamischen Bedrohung) nach einer Spaßperiode in den Neunzigern die Angst der achtziger Jahre vor dem Atomkrieg abgelöst hat.

Daß die Presse sich in diesem Jahr so sehr auf den Klimawandel stürzt, hat aber meiner Meinung nach weniger mit Sensationsgeilheit denn mit sehr geschickter Öffentlichkeitsarbeit des IPCC zu tun, die in diesem Jahr ihre neuen Berichte veröffentlichen. Meiner Meinung nach müssen sie das sogar tun, denn Aktionen zur Reduktion des CO2-Ausstoßes entziehen sich den Zeiträumen üblicher Legislaturperioden, sind also erstmal für westliche Politiker relativ uninteressant (was man am deutschen Rohrkrepierer Ökosteuer ganz gut sehen kann). Dagegen kann man tatsächlich nur mit sehr viel öffentlichem Druck etwas tun.

Zu Afrika: Du hast die Kritik am Film wirklich nicht gelesen, oder? Ihm wird doch auch da vorgeworfen, falsche Tatsachen zu behaupten. Nochmal: Kioto verlangt nur von den Industriestaaten eine Reduktion der Emissionen. Von Afrika ist nicht die Rede.

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Olim ist ein arabischer Vorname, der sich aus der Silbe ilm ableitet und soviel heißt wie der Wissende oder Wissenschaftler. Ich habe den Namen 1994 in Buchara verliehen bekommen und ein Jahr später angefangen, Mittelasienwissenschaften zu studieren. Das tue ich heute immer noch im fortgesetzten Stadium. Devona ist ein Wort das man fuer verrückt, entrückt, weggetreten benutzen kann. Es hat immer irgendwie mit Liebe zu tun, zu den Menschen, zum Leben, zu Gott. Naja und das zusammen macht die Figur Olim devona aus. Manchmal schlüfe ich in sie hinein und fuehle mich dann total devona.

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