Montag, 8. Mai 2006

Ich kann nicht anders!

Genauso wie die verhassten Streber in der Klasse immer ihre Finger schnippsend streckten, um dem Lehrer ihre notgeile Mitarbeitsbereitschaft zu demonstrieren, fühle ich mich jetzt, auch in das Horn hineinzustossen, in das derzeit so heftig geblasen wird. Aber ich kann nicht anders.

Urbane Penner, Prekariat her oder hin, wo die hier beschriebenen Phänomene hinführen können, zeigt uns der Herr Enzensberger: In den Kult der Totalverlierer.


Dieses haarscharfe Urteil (und ich vergesse dem Super Magnus, dass er bis hin zur Globalisierung ausholt, das hätte er sich kneifen können!) hat eine neue Qualität in sich. Doch dazu muss ich weiter ausholen.

Die Quelle im Modernen Denken und derjenige, der in der Neuzeit das Phänomen auf einen Punkt gebracht hat, ist olle Nietzsche. Im seinem Buch "Jenseits der Moral" machte der auf eine Dichotomie aufmerksam: die Herrenmoral und die Sklavenmoral. Sklavenmoral, meinte er, ist die Grundlage der jüdischen und christlichen Religion. Entgegengesetzt zum Herren, der "Ja" sagte, handele es sich bei der Sklavenmoral um ein Ressentimentdenken, an dessen Ende ein schöpferisches "Nein" steht.
Dieses Ressentiment spiegele sich im Satz: "Die Letzten werden die Ersten sein!" Die Hoffnung, daß sich das vorhandene Ungleichgewicht, wenn auch am jüngsten Tage, in ein Gleichgewicht verwandeln würde. Egal ob es dann "Wolf neben Schaf" hieße, oder "Umkehrung der Verhältnisse" es ist das Ressentimentdenken und das Schöpferische "Nein", dass Triebfeder solchen Denkens sei. (Da ich hier keine Lust habe mich weiter in Nietzsche zu verlieren, empfehle ich nur ihn höchst selbst bei Ressentiment in Literaturliste.)

Dieser Grundgedanke wurde von Max Weber in seinem Versuch zur protestantischen Arbeitsethik in den Sozialwissenschaft exemplifiziert und in der Ethnologie von dem umstrittenen Wilhelm E. Mühlmann in seinem Buch "Chiliasmus und Nativismus. Berlin 1961" für ganz breite Volksbewegungen dingfest gemacht: Umsturzdenken und seine Triebfedern in der christlichen und jüdischen Religion.

Im Kern steht dabei immer ein Gedanke: Es muß ein Schöpferisches Nein her, eine Ideologie, egal wie sie orientiert ist: rückwärts, vorwärts, nirgendwärst (Utopia).

Das was Enzensbergers Ansatz neu macht, ist seine These vom Fehlen des Schöpferischen. Er meint, dass sich im Totalverlierer (angewandt auf den Totalen Krieg der Nationalsozialisten und den Selbstmordattentäter) ein Nein äußere, dass nicht schöpferisch, sondern nur zerstörerisch ist. Kommt der ohnmächtig wütende nun in ein Kollektiv der Gleichgesinnten, dann wird seine Zerstörungswut explosiv und gefährlich. Das Fehlen des Schöpferischen und trozdem das Vorhandensein des "Nein"s ist das, was den Totalverlierer zu begreifen so schwierig macht.

Schwierigkeiten bereitet mir vor allem, dass Enzensberger das schöpferische Neinvon Nietzsche in ein einfaches Nein umformt. Er zeigt dabei, dass die Gedanken unweigerlich zur letzten Konsequenz eines solchen Denkens, in den Selbstmord führen.

Und dass, was den Gedanken zu den urbanen Pennern, Penälern, dem Prekariat, die bisher kamen gleicht, ist das Fehlen des Schöpferischen. Solange sie nichts Schöpferisches vorzuweisen haben, bringen diese Gedanken letztlich nur den schlechten Geruch der Selbstzerfleischung, des Selbstzerstörerischen...

Nabelschau

Ich weiss nicht, woran es liegt, aber irgendwie grassieren immer Sinnfragen durch die Zunft der Wissenschaftler, da gibt es "quo vadis Symposien" und Selbstbeschäftigung. Und die neue Qualität ist, dass neben Selbstbeschäftigung immer neue Worte ersonnen werden, sich selbst oder den Zwischenraum zu beschreiben: Urbane Penner, Prekariat oder Zwischenschafter (via) ...
Meine Herren!

Ich will nur die letzten Sätze des Prekariatartikels zitieren:

Die Theorieabteilungen des Euro Mayday weisen darauf hin, dass »Prekarität« ohne einen ausdifferenzierten Begriff von gesellschaftlicher Arbeit allenfalls zur Agitationsfloskel taugt. Tatsächlich entscheidet sich am Begriff der Arbeit, ob es sich bei den Prekarisierten um bloße Opfer der gesellschaftlichen Entwicklung handelt oder nicht doch um eine Avantgarde, die bereits in die Kämpfe der Zukunft verstrickt ist. Denn wenn die Macht der Verhältnisse darin besteht, sich die lebendige Arbeit anzueignen, dann schlummert in diesem Sachverhalt kraft Dialektik auch der Same der Veränderung.

Dito, sind es nun also hybride Zugvögel auf den Weg zu warmen Nestern oder eine neue Kraft? Ich bin da eher skeptisch.

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Olim ist ein arabischer Vorname, der sich aus der Silbe ilm ableitet und soviel heißt wie der Wissende oder Wissenschaftler. Ich habe den Namen 1994 in Buchara verliehen bekommen und ein Jahr später angefangen, Mittelasienwissenschaften zu studieren. Das tue ich heute immer noch im fortgesetzten Stadium. Devona ist ein Wort das man fuer verrückt, entrückt, weggetreten benutzen kann. Es hat immer irgendwie mit Liebe zu tun, zu den Menschen, zum Leben, zu Gott. Naja und das zusammen macht die Figur Olim devona aus. Manchmal schlüfe ich in sie hinein und fuehle mich dann total devona.

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