Donnerstag, 16. Februar 2006

Die Trickster

In den Universitäten, so sagt Weber in “Wissenschaft als Beruf”, tummelt sich das Mittelmaß, denn Lehrer sind mittelmäßig und würden schlauere Schüler schwer akzeptieren. Ganz schön weit aus dem Fenster gelehnt, Herr Bildungsbürger, aber wer wird schon dem Herrn Weber ein Haar krümmen wollen? Nun schaffen es aber immer wieder Leute die Gesellschaft und ihre vertikale Mobilitätschancen als Spiel zu begreifen und die Spielregeln beachtend es für ihre Zwecke auszunutzen.
Cut!
In der Literaturwissenschaft, der Philosophie und der Ethnologie, um nur ein paar zu nennen, ist der Begriff Trickster seit etwa 150 eingeführt und diskutiert worden. Um es in einem Satz auf den Punkt zu bringen ist ein “Trickster” eine Person, der die kulturell gesteckten Grenzen mutwillig überschreitet, um jenseits dieser Grenzen ein Wirken zu entfalten, dass nicht selten auch sehr folgenreich für spätere Generationen ist. Sie unterwandern die Wirklichkeit und schaffen ihre eigenen Welten darin. Der Leipziger “Oberarzt” und “Psychopat” Gerd Postel ist einer aus jüngeren Vergangenheit. Es gibt ihrer aber unzählige in der Geschichte, auch Jesus ist in der Tricksterdebatte als ein solcher behandelt worden.
Cut!
Nun hat ein wundervolles Buch das Licht der Welt erblickt, Alexander Knorrs Metatrickster, dass man sich auch im Netz runterladen kann. Es behandelt Burton, Taxil, Gurdieev, Backhouse, Crowley, Castaneda und viele, viele andere und versucht ihre Tricks und ihr Schaffen in einen ungeheuren Spannungsbogen zwischen Wirklichkeit und sich ständig erneuernder Flunkerei zu stellen. Ich habe es mir reingezogen und kann es nur wärmstens weiterempfehlen. Tolles Werk!
Gerade auch eine Meta-Handlungsanleitung für die Leute aus der Unterwelt, die die allgegenwärtige Daseinsform der Mittelerde überspringen wollen, um sie sich mal von Oben anzuschauen.

Sie kommen!

Eigentlich hatte ich vorgehabt, gegen die ganzen, unheimlich nervenden Kulturkämpfer anzuschreiben, die sich in den Medien tumnmeln aber da ich sehe, dass meine Meinung schon zahlreich in sympathischen Blocks vertreten ist, widme ich mich besser meinem Lieblingsthema, dem Untergrund. Neulich sprach ein befreundeter Ethnologe mit mir über die Chance einer fantastischen Feldforschung, direkt vor der Haustür. Die Gelegenheit bietet sich weltweit nur alle vier Jahre, im heimischen deutschen Feld muss man da viel länger warten: eine Völkerwanderung, der ganz besonderen Sorte. Es bewegen sich bald Massen von sportbegeisterten Europäern auf Deutschland zu, die sicherlich homogener sind als die vielen, die gerade Beispielsweise in Turin sich tummeln. Sie alle sind Fußballfans. Um von dieser Masse Mann zu profitieren bewegen sich ebenso viele aus dem Untergrund auf die zukünftigen Fußballzentren zu, die crème de la crème des Untergundes sozusagen: Prostituierte, Huren, Nutten wie auch immer sie sich nennen. Sie werden für ein paar Monate die Fußballzentren bevölkern und nach Kunden Ausschau halten. Und sicher werden sie zahlreich finden. Man könnte hier die verschiedensten Fragestellungen ansetzen: Die internationalle Meisterschaft der Prostituierten, der Prostituierten internationale Meister, die internationalen Männer und die Meisterin und und und.

Das der Untergrund geladen wird, wenn wichtige Meetings der internationalen Gemeinschaft anstehen, das gibt es seit Jahrhunderten. Witzigerweise waren gerade päpstliche Konzile im Mittelalter der Bestseller für das horizontzale Gewerbe. Eine statistische Rechnung des Mediävisten Friedrich Schubert zeigte einmal sehr schön, dass auf einem bestimmten Konzil zwei Huren auf einen Priester fielen. Das heißt zwar nicht, dass die rumgerödelt haben, was das Zeug hielt, sondern dass diese wohl Feinschmecker waren, was den Sex anbelangte.

Dass die Kollegen der Huren, Verwandte ihrer Beschützer gewissermaßen, mit Einzug halten, dass wissen seit Jahren auch der Untersuchungsstab der deutschen Polizei, der alle Sicherheitsmaßnahmen kontrolliert. Das der Huren Kollegen das wissen bleibt außer Frage. Wird also die Aufgabe der Polizisten sein, diejenigen Spinner, die im ernsthaften Gewerbe des Untergrundes nichts verloren haben, zu entlarven: Hoologans, Skinheads und andere Schlägerling. Ihnen fehlt eben ein gewisses Maß an Professionalität, sie betreiben den Untergrund als Hobby, laienhaft.

Also raus ihr Ethnologen! Macht Feldforschungen! Selten wird der Untergrund so international präsent sein wie in diesem Sommer in Deutschland in seinem ganzen Spektrum: in Gestalt hübscher Frauen, verschmitzter Gesichter, sowie häßlicher Menschen, die ihre Machenschaften andere machen lassen und die Unschuld ihrer Opfer in ihr Höllenschicksal verwandeln: Menschenhändler, Bettlerbandenmeister usw. Aber die gehören gewissermaßen zu den Schmarotzern und nicht zu den Professionellen. Sie sind gewissermaßen Exzesse des Untergrunds -- wie die Kulturkämpfer, möchte ich da fast schließen.

Und wenn einer forscht, dann sagt doch bescheid, und wenn ich alle Eure Feldtagebücher lesen kann, dann komme ich mal wieder vom Sofa in den Untergrund...

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Olim ist ein arabischer Vorname, der sich aus der Silbe ilm ableitet und soviel heißt wie der Wissende oder Wissenschaftler. Ich habe den Namen 1994 in Buchara verliehen bekommen und ein Jahr später angefangen, Mittelasienwissenschaften zu studieren. Das tue ich heute immer noch im fortgesetzten Stadium. Devona ist ein Wort das man fuer verrückt, entrückt, weggetreten benutzen kann. Es hat immer irgendwie mit Liebe zu tun, zu den Menschen, zum Leben, zu Gott. Naja und das zusammen macht die Figur Olim devona aus. Manchmal schlüfe ich in sie hinein und fuehle mich dann total devona.

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