Die armen Pennäler
In einem sehr witzigen Beitrag, hat sich Christoph Koch dem von der Zitty vorgeschlagenen Begriff angenähert und ihm keine Zukunftschancen vorausgesagt.
Wir wollen hoffen, dass er Recht hat. Als Provokation scheint der Text von Mercedes Bunze ja sehr gut zu funktionieren. Für die Denkanstöße, die hier aus der Diskussion kommen, müsste man sehr dankbar sein, wenn es sich um ein ernstes Phänomen handeln würde. Die urbanen Penner (Penne ist ein rotwelsches Wort mit der Bedeutung temporäres Nachtquartier) jedoch sind ein temporäres Phänomen. Sie sind die Leute in der Durchgangsstation von den Ausbildungsstätten in den sicheren Hafen einer selbst geschaffenen oder angenommenen Stelle. Es wäre so, als ob man über die Befindlichkeiten von Zugvögeln sprechen wollte. An ihrem Herkunftsort spricht man nicht mehr über sie, an ihrem Bestimmungsort kennt man sie noch nicht. Doch die Zugvögel zwitschern uns zu: „Schaut her, wie arm wir sind! Wie wir uns abrackern müssen, um ins Warme zu kommen!“ Diese Durchgangssituation, diese Passage gewissermaßen wird als unerträglich empfunden. Doch war das nicht schon immer so? Die kleinen Aufsteiger beschreiben fröhlich ihre Lage, während die Jungs unten keine Stimme haben, um sie zu erheben. Da braucht man dann die Walraffs, die Jaubaris oder die anderen undercover Agenten der sozialen Bekenntnis, die den Leuten sagen, was im Lebensraum der Armen wirklich los ist. Denn die Vögel in den warmen Nestern haben es nicht so gern in der Unterwelt. Da ist es heiß, stickig und eng.
Was ich jedoch so frappierend finde, ist eher das Schweigen, als das fröhliche Gezwitscher. Intellektuelle Beglückungsideologien gibt es ja immer wieder. Aber haben denn die Jungs und Mädels da unten wirklich keine Lust die Stimme zu heben? Oder können sie es nur nicht artikulieren?
Meine Cousine (Frisöse,23) sollte vor ein paar Wochen für einen Sammelband zu Opas Achtzigsten eine Erinnerung an die beiden aufschreiben. Das Ergebnis war eine liebe Geschichte, jedoch mit Sprache und Orthographie, die in keiner der intellektualistischen Gesprächsrunden bestand haben würde. Sie würde ihre Kraft auch gar nicht einsetzen, teilzuhaben, weil ihre Herangehensweise an ihr Leben so gar nicht kompatibel zu den anderen der Intellektuellen ist. Es hat nichts mit Schläue oder Ausbildung zu tun, sondern nur mit sich fremden Lebenswelten, über die es kaum kommunikative Brücken gibt. Meine einzige Brücke zu ihr ist die Verwandtschaft, eine Brücke der ich dankbar bin, denn ohne diese hätte ich wohl mit ihr und auch ihrem Leben, so gar nichts zu tun. Die Welt dieser kleinen Frisösin würde für mich verschwiegen bleiben.
Ich glaube, dass die meisten der schiefgegangenen Beglückungsideologien mit der Fremdheit beider Welten undmit dem Übersetzungsversuch zu tun haben.
Diejenigen, die es wagen, Fremdbeschreibung abzuliefern, sind in einem Übersetzungsprozeß verfangen, der von „unten“ nach „oben“ übersetzt und oben gestrenge Analysten hat, die nur auf das kleinste ungenaue Wort warten, um den Übersetzungsversuch zu zerstören. Ist also vielleicht die Übergangsphase des Pennälertums nicht vielleicht genau die Zeit, in der wir auf dem Weg nach Oben, die Erfahrung des „da unten“ mittransportieren sollten? Wenn das den Zugvögeln gelingen würde, wäre einigen auf der Welt damit geholfen.
Oder machen wir es etwa immer und überall so, wie mit dem von Norbert Elias beschriebenen Phänomen, dass auf die uralte Aufforderung: "Erkenne Dich selbst!" wohl immer wieder geantwortet werden würde: "Das will ich eigentlich gar nicht so genau wissen!"
Wir wollen hoffen, dass er Recht hat. Als Provokation scheint der Text von Mercedes Bunze ja sehr gut zu funktionieren. Für die Denkanstöße, die hier aus der Diskussion kommen, müsste man sehr dankbar sein, wenn es sich um ein ernstes Phänomen handeln würde. Die urbanen Penner (Penne ist ein rotwelsches Wort mit der Bedeutung temporäres Nachtquartier) jedoch sind ein temporäres Phänomen. Sie sind die Leute in der Durchgangsstation von den Ausbildungsstätten in den sicheren Hafen einer selbst geschaffenen oder angenommenen Stelle. Es wäre so, als ob man über die Befindlichkeiten von Zugvögeln sprechen wollte. An ihrem Herkunftsort spricht man nicht mehr über sie, an ihrem Bestimmungsort kennt man sie noch nicht. Doch die Zugvögel zwitschern uns zu: „Schaut her, wie arm wir sind! Wie wir uns abrackern müssen, um ins Warme zu kommen!“ Diese Durchgangssituation, diese Passage gewissermaßen wird als unerträglich empfunden. Doch war das nicht schon immer so? Die kleinen Aufsteiger beschreiben fröhlich ihre Lage, während die Jungs unten keine Stimme haben, um sie zu erheben. Da braucht man dann die Walraffs, die Jaubaris oder die anderen undercover Agenten der sozialen Bekenntnis, die den Leuten sagen, was im Lebensraum der Armen wirklich los ist. Denn die Vögel in den warmen Nestern haben es nicht so gern in der Unterwelt. Da ist es heiß, stickig und eng.
Was ich jedoch so frappierend finde, ist eher das Schweigen, als das fröhliche Gezwitscher. Intellektuelle Beglückungsideologien gibt es ja immer wieder. Aber haben denn die Jungs und Mädels da unten wirklich keine Lust die Stimme zu heben? Oder können sie es nur nicht artikulieren?
Meine Cousine (Frisöse,23) sollte vor ein paar Wochen für einen Sammelband zu Opas Achtzigsten eine Erinnerung an die beiden aufschreiben. Das Ergebnis war eine liebe Geschichte, jedoch mit Sprache und Orthographie, die in keiner der intellektualistischen Gesprächsrunden bestand haben würde. Sie würde ihre Kraft auch gar nicht einsetzen, teilzuhaben, weil ihre Herangehensweise an ihr Leben so gar nicht kompatibel zu den anderen der Intellektuellen ist. Es hat nichts mit Schläue oder Ausbildung zu tun, sondern nur mit sich fremden Lebenswelten, über die es kaum kommunikative Brücken gibt. Meine einzige Brücke zu ihr ist die Verwandtschaft, eine Brücke der ich dankbar bin, denn ohne diese hätte ich wohl mit ihr und auch ihrem Leben, so gar nichts zu tun. Die Welt dieser kleinen Frisösin würde für mich verschwiegen bleiben.
Ich glaube, dass die meisten der schiefgegangenen Beglückungsideologien mit der Fremdheit beider Welten undmit dem Übersetzungsversuch zu tun haben.
Diejenigen, die es wagen, Fremdbeschreibung abzuliefern, sind in einem Übersetzungsprozeß verfangen, der von „unten“ nach „oben“ übersetzt und oben gestrenge Analysten hat, die nur auf das kleinste ungenaue Wort warten, um den Übersetzungsversuch zu zerstören. Ist also vielleicht die Übergangsphase des Pennälertums nicht vielleicht genau die Zeit, in der wir auf dem Weg nach Oben, die Erfahrung des „da unten“ mittransportieren sollten? Wenn das den Zugvögeln gelingen würde, wäre einigen auf der Welt damit geholfen.
Oder machen wir es etwa immer und überall so, wie mit dem von Norbert Elias beschriebenen Phänomen, dass auf die uralte Aufforderung: "Erkenne Dich selbst!" wohl immer wieder geantwortet werden würde: "Das will ich eigentlich gar nicht so genau wissen!"
Olim-devona - Mo, 17:00
(Aber ob ausgerechnet die Orthographie eine Grenze ist?)