Reisenotizen

Montag, 21. November 2005

Nichts zu tun?

Ich war hier vor ein paar Tagen bei einem Nachfahren eines Naqshbandiya Sufis, der aus Peshawar nach Kokand auf Einladung des Khanes kam.

Er bekam hier ein Stueck Land und baute ein paar Jahre darauf in seinem Wohngebiet eine islamische Hochschule (madrasa) auf. Aus dieser Hochschule gingen nicht nur viel bedeutende Dichter und islamische Wissenschaftler hervor, in diese Schule gingen auch alle seinen 14 Soehne, die er von vier Frauen hatte. Einer dieser Soehne hatte einen Sohn, Miyon Qudrat hazrat mit Namen. Dieser schrieb in den zehner Jahren des 20 Jh. ein Buch -- Verse zu Gottes Lobgesang mit verschiedenen Farben auf verschiedenen Papier.

baldaufmail

Als die Sowjetmacht auch Zentralasien gruesste und aus dem laechelnden Mund ein toetlicher Atem kam, verschloss er das Buch in einer Kiste und machte schnell los nach "Arabistan" (So nennen die Leute den nahen Osten, ohne irgendein Land zu spezifizieren). Er wollte seine Frau und seine Kinder noch nachholen aber da war der Weg rein oder raus schon verschlossen. Die Truhe, in die er das Buch gelgt hatte, blieb es auch fuer viele Jahre. Das Buch wurde niemanden gezeigt und auch die Historiker des Ortes hatten davon bisher keinen blassen Schimmer. Ich habe nun das gesamte Werk auf Film wie man so schoen sagt, bin der erste der es nach vielen Jahren ueberhaupt gesehen hat und habe auch ein bisschen ueber den Autoren mit seinem Grossneffen gesprochen. Das ist doch was oder? Muss mich jetzt in den naechsten Jahren nur noch daran setzen, die Kaligraphien auseinanderzunehmen.
Und da sage einer, ich habe nichts zu tun….

Mittwoch, 16. November 2005

Stern versus Hammer

Ich habe dieses Bild schon vor langer Zeit in der Xo'djand aufgekommen, ein Bild wie man es in jeder Stadt Mittelasiens schiessen könnte.

neues-Leben


Wir kennen eine Menge sozialistischer Symbole. Es sind der Hammer, die Sichel, das Korn, die Flagge, die Taube, die aufgehende Sonne und der Stern und fuer Mittelasien ganz besonders die Baumwolle. Sind die ersten beiden Symbole Hammer und Sichel Symbole europaeischer Industrie und Bauernwirtschaft, sind die letzteren Symbole der Natur. Geht man heute durch die Staedte Mittelasiens spazieren, kann man vor allem letztere Symbole finden -- ueberall. Man findet sie an Haeuserwaenden, man findet sie in Mosaiken -- kurzum ueberall. Den Hammer und die Sichel jedoch wird man nur unter Schwierigkeiten finden. Unter den Beduerfnissen Mittelasiens hatte man zwar aehnliche Geraetschaften gebraucht, jedoch waren sie nicht Teil der lokalen Ikonografie. Den Stern jedoch, die Darstellung von Blumen, das Sonnensymbol (mal als svastika, mal als andere abstrahierte Form) findet man hier auch in den traditionalen Gebaeudedekorationen. So konnten sich gerade diese Symbole hier auch viel besser verbreiten, als Hammer oder Sichel.

Dienstag, 15. November 2005

Monika

Kokand hat zwei Straßen, in denen der Jugendstil zu Hause ist. Die Straße, in der sich die russisch-asiatische Bank (1909), das Bürgermeisteramt, die Armeezentrale und andere huebsche Häuser befindet ist von beiden vielleicht die prachtvollste. Geht man weiter und läßt die gesamte Schönheit hinter sich, entdeckt man einen Schönheitssalon. Das außen angehängte Schild (ochiq) verrät, dass er offen ist. Offen für Mädchen, die auf sich achten, die es zu etwas bringen wollen. Die Besitzer haben ihnen als Reklame ein Vorbild hingehängt.

monika

Ein Mädchen, das seinen Weg gemacht hat. Monika Levinski. Braucht man solch eine Reklame, geht man mit einem Foto zu einem Porträtmaler und bestellt ein Bild. Es gibt zwar mehr Fotostudios in Uzbekistan als Poträtmanufrakturen, jedoch sind auch letztere keine Seltenheit. In Xorezm, im Norden Uzbekistans gibt es sogar Teppichknüpfer, die nach Passfoto (meist sind es die Eltern, die man in späten Jahren ehrt) ein Bild auf den Teppich zaubern. So grüßt uns in der alten Kolonialstadt Kokand ein Mädchen, daß mit dem Kolonisator Nummer eins seiner Zeit, gemeinsame Sache gemacht hat. Sie ist heute reich. Reich und schön wollen die Mädchen auch sein, die in diese Schönheitssalons gehen.

Sonntag, 13. November 2005

Ade Tadschikistan!

Mittlereweile bin ich ueber die Grenze gekommen und weile in meiner Lieblingsstadt Kokand. Als ich von Xo’jand nach Kokand fuhr, regnete es. Im Taxi hatte der Taxifahrer eine mp3 CD und wir hoerten lauter Pop aus USA. Manchmal traellerte der Player auch eine der Weisen aus dem Ferganatal. Im Auto waren zwei Maedchen und inclusive mir zwei Jungs.
Die Maechen traellerten so manches Lied laut mit und bevor sie ausgestiegen waren, fragten sie mich, ob ich mich denn mit ihnen nicht fotografieren lassen will. Natuerlich wollte ich ihnen den Spass nicht verderben und so gingen wir in eines dieser schicken Fotostudios der kleinen aber huebschen Stadt Kanibodom. Die Fotostudios haben immer wandelbare Kulissen auf Vorhaengen gedruckt oder gemalt, vor denen man sich aufstellen kann. Ein See und Berge drumherum, eine Blumengirlande, einfach nur rot gelb gruen ode ein Auto im Hintergrund. Ich habe mir schon immer gedacht, man muesste solch ein Sammelband mal erstellen, in dem man die Interieuere Mittelasiatischer Fotostudios mal ablichtet. Aber das gibt es schon mit den Taliban in Kabul
An der Grenze angekommen brachte mir der Grenzer zwei Stuecken Kuchen aus dem Hinterzimmer. Ich traute meinen Augen nicht. Seine Frau hatte ihm im fernen Kulab einen Sohn geboren, dass muesse gefeiert werden. Ich ass, obwohl ich eigentlich ueber die Grenze wollte, brav den Kuchen. Und weil ich mich als Wissenschaftler und Historiker vorstellte, lies ich mir von ihm erzaehlen, wie arm der Norden an Geschichte sei: dreihundert Jahre gerade mal wuerden sie hier auf dem Buckel haben. In Kulab seien es 2600 Jahre. Ich nickte stumm, denn wer ein Kind geboren hat, aus dem gewaltigen Sueden zumal aus Kulab ist, der darf einen schon mal auch auf diese Weise unterhalten. Als ich ueber die Grenze ging, drueckte ich mir meinen Traenen weg.

adetadschik

Samstag, 5. November 2005

Mir gegenüber

Mir gegenüber sitzt Farruh, der Typ, mit dem ich die meiste Zeit verbringe.
webshab

Farruh ist einer von den wenigen Filmemachern, die man in Khodjand finden kann. Er macht vielleicht von allen aus der Stadt die modernsten und am wenigsten traditionellen. Neben ihm gibt es eine Handvoll anderer Profis: Toningenieure, DJs und Kameramänner, die was von ihrem Handwerk verstehen. Alle sie arbeiten zum größten Teil für Musikclips, die Sänger und Sängerinnen bei ihnen bestellen, damit sie bessere Chancen haben, zu einer der hunderten kostspieligen Hochzeiten eingeladen zu werden. Die Hochzeit ist seit Jahrhunderten in Mittelasien der Platz, an dem das Geld gemacht wird. Egal wie viele Aufklärer, wie viele Sowjetagitatoren dagegen kämpften, die Hochzeiten blieben was sie sind. Für die Popaktivisten sind ihre Clips sind ihre Reklame. Der Inhalt ihrer Clips aber ihr Ausdruck ihres Weltverstehens. Manchmal wollen sie in ihren Clips einfach nur den Spaß, den sie in ihrem Leben empfinden oder zu empfinden träumen, den Leuten zu verstehen geben. Manchmal greifen ihre Gedanken in andere Welten aus. Da geht es dann um Vergänglichkeit, Weltverstehen und setzt Kontrapunkte gegen die eigenen gelebten Destruktionen der Postmoderne.
Doch leider wird das Zu-Verstehen-Geben bei denjenigen, die im hiesigen Kunstrat (Xudsowjet) sitzen, einer alten sowjetischen Kontrollinstanz, oft nicht verstanden. Da werden Musikclips nicht erlaubt, weil ein alter Mann, der sich an die alten Zeiten erinnert, aus einem Kognacglas (Cola) trinkt. Das regt den Alkoholgenuß an. Wenn junge Mädchen am Rande des Meeres ihre Haare wehen lassen, ist das sexuell anzüglich. Wenn Jungs ihre Raper Allüren ausleben wollen und eine Pistole auf die Kamera halten, geht das den Wächtern für Ordnung und Anstand zu weit. Dabei spielt es weniger eine Rolle, welche Gesetze dieses Land im Laufe seiner Zeit geschrieben hat, sondern wer in diesem Land auf welchem Stuhl sitzt. Und wehe Gott es entstehen persönliche Feindschaften zwischen TV und darstellender Kunst.... Obwohl der richtige Schein löst die meisten Probleme, als wären diese Probleme nur zum Schein.
fyruhh

Donnerstag, 3. November 2005

Ramadhan

Heute ist der Rama Rama Ramadhan endlich zu Ende, heilger Monat in dem man vor lauter Heiligkeit auf dem Trockenen sitz. Die Menschen rennen alle ganz aufgeregt vom Basar zum letzten der abendlichen Fastenbrechen (shabe id). Da in Tadschikistan die Leute, vor allem die in der Politik, eine etwas natuerlichere Einstellung zum Islam haben, als im paranoiden Nachbarland Uzbekistan, wird hier auch mehr auf das richtige Fasten in der Öffentlichkeit geachtet. Restaurant, die was auf sich halten, schließen gleich ganz fuer diesen Monat, Diskotheken ebenso.
Und Morgen (3.11.) am Xayit dem globalem Fastenbrechen wird die Stadt einen Gang höher schalten. Die Freisitze öffenen wieder, die Schaschlikstaende schüren ihr Steinkohlefeuer wieder von Mittag an, durch die Strassen weht ein neuer Duft. Khodjand ist die Stadt der Konditoreien, der Cafes und des wunderbaren Müßiggangs.
Der heilige Monat nimmt sein Ende mit dem Fest, für das man Festplätze (sajlgoh) einrichtet. Normalerweise ist das der Ort des in der Sowjetunion obligatorischen Kulturparks. Die Kulturparks in Mittelasien sind fast alle an einem ehemaligen heiligen Ort gebaut (mazor), das gab den Leuten auch zu Sowjetzeiten gelegenheit, Wallfahrten zu unternehmen unter dem Denkmantel der sozialistischen Erholung. Das der heilige Orte sowieso immer Orte des Müssiggang waren, beschreiben schon die vorrevolutionären Literaten. Es gibt aus der Zeit der Aufklärer sogar Theaterstücke, in denen angeprangert wird, dass an heiligen Orten, die jungen Männer nur kommen um mit den Maedchen zu scherzen -- ohne jeden religiösen Impetus. Und Morgen, morgen wird der Kulturpark Khodjends von Famillien mit Kindern und Jugendlichen überquellen... Morgen gehen die Leute zum Flanieren auf die Straße. Daher übrigens auch die uzbekisch tadschikische (eigentlich arabische) Übersetzung des Wortes "Spektakel" (tamosho) herumlaufen und gaffen... Damit dem Tribut gezollt werden kann, sind auch die Festplätze auf denen Theaterstücke aufgeführt werden rund, anders als die Bühnen Europas. Damit man von allen Seiten staunen und gaffen kann. Hier kommt man auch dem islamischen Gebot näher, dass nur Gott Leben schöpfen kann, nicht so der Mensch. Denn auf einer kreisrunden Bühne ist der Grad des Illusionistischen am geringsten...

Mittwoch, 2. November 2005

Erkenne fuenf Unterschiede!

Heute bin ich faelschlicherweise zu frueh aus dem Sammeltaxi (marschrutka) ausgestiegen, es war gerade die Zeit des taeglichen Fastenbrechens (iftor) . Normalerweise huschen im Monat Ramadhan immer alle "guten Muslime" vor dem Fastenbrechen nach Hause, weil sie seit drei Uhr frueh morgens nichts mehr gegessen oder getrunken haben. Wer nicht nach Hause hastet, eilt in ein Teehaus und pfeifft sich was Gebratenes oder Gebackenes ein...
So ging ich also durch die menschenleeren Straßen als auf einmal eine undurchsichtige Gestalt auf mich zukam. "Hey, Franke (farangi)!" rief er mir zu, "Bleib stehen!" Etwas erschrocken hielt ich ein und schaute die verwegene Gestalt an, "Raus mit der Kohle!" rief er mir zu. Ich antworte ihm: "Ich bin Student, hab also keine Kohle!! (Studenten gelten in der ganzen ehem-. Sowjetunion als arme Schlucker) und wenn du mich in ein paar Jahren wiedertriffst bin ich Wissenschaftler habe also auch dann kein Geld!" rief ich ihm geistesgegenwärtig zu. Und ich holte sogar noch aus: "Ich habe noch keinen von Euch aus der Diebesgilde kennengelernt, kann ich nicht ein Interview mit Dir machen?" Er schaute mich komisch an, meinte muerrisch er weiss nicht was ein Interview ist ich solle ihn in Ruhe lassen. 'Hmm...', dachte ich, 'dann versuche ich es eben mit teilnehmender Beobachtung.' "Gut" meinte ich nach kurzer Stille, "dann nimm mich doch an die Orte mit, an denen Ihr aus Euerer Gilde (kasaba) normalerweise Euer Bier hebt!" Er dachte sich vielleicht, das wird ein netter Abend mit einem Quasikollegen (einem Studenten). Kann ja nicht schaden und ausserdem: da der Student ein Franke ist, wuerde er vielleicht das eine oder andere Neue zu hören bekommen. Was ihn jedoch letztendlich bewog mich mitzunehmen, er hat es mir nicht verraten.

Wir gingen also ein paar Meter zusammen, bis wir an ein Haus ankamen, an dem eine Kellertreppe von außen in die Tiefe führte. Und was fuer Untiefen kamen da auf mich zu! Es roch nach Qualm und Wodka, billigem Fusel, der Bohnerwachs zu einem Getraenk der Gourmets werden laesst. Es standen in einer Ecke ein paar Damen, die auf der Strasse noch einem alten Opi auf einem Fahrrad hinterherschreien würden: "Hey Opa, fuer einen Euro (somoni) lutsche ich dir deinen Schwanz!" Der Boden stand vor Dreck und das Bier hier schien zum Abgeschmacktesten zu gehören, was Mittelasien zu bieten hatte.

Wow, dachte ich, dass ist authentisch! und ließ mich in die Abgruende einer anderen Welt gleiten. Der Vater von meinem neuen Freund (pieta und ethnografische Etikette verbieten mir sogar seinen Namen zudechiffrieren) war Knochenbrecher, ein Beruf, der heute selten geworden ist. Man gab Kinder zu solch einem, wenn man es als Krüppel zum Betteln brauchte. Er hatte viele von den heutigen Bettlern Mittelasiens zum dem gemacht, was sie heute sind. Seine Mutter begleitete seinen Vater, der aufgrund seines Unterweltstatusses (Banu Sosson) vagabundieren musste und war Wahrsagerin. Das sie unter manchem auch "wah!" sagte, schien in dieser fremden Welt nichts außergewöhnliches. Er selbst wollte eigentlich zum Kartentrickser werden, und haette es wahrscheinlich bis zum Großindustriellen gebracht (wie ein anderer seiner Kollegen aus der schönen Stadt Khodjand) aber sein Vater hielt nichts von dieser Kunst, war eher fuer das Handfeste und bildete ihn zum Dieb aus. Wenn er auf diese handfeste aber feine Kunst keine Lust hatte, sagt er, würde er sich auch mit einfachem Raub begnuegen.

Wir unterhielten uns so ueber das und jenes ... auf einmal kam eine Dame auf mich zu und raunte: "Na Kleiner, machst es ... ? " Ich weiss nicht wie ich aufwachte ... aber ich wusste wo. Ich schaute mich um und fand mich im Fond des Museums wieder, vor mir die aufgeschlagene Akte des ehemaligen Kolchosdirektors Usmonov. 'Hmm...' dachte ich, wieder kein Abenteuer ... bis zum Fastenbrechen war es noch eine Stunde.

Dank an Terry, Clifford Edmund und ein Lob der Ethnographie ...

Dienstag, 1. November 2005

Meister

Usto Solix ist einer von den wenigen Meistern Tadschikistans, die die Kunst Kassettendecken herzustellen und die Kunst der Schnitzerei beherrschen. Er hat in seiner Heimatstadt zig historische Denkmaeler mitrestauriert, wechselte morsche Saeulen gegen neue, erweiterte Moscheen im historischen Stil oder baute Teehaeuser im alten Stil.
Teehaus4

In Usto Solix sind die Qualitaeten eines Meisters vereint, die ich eigentlich nur aus ethnografischen Essays im die Jahrhundertwende kenne. Er besitzt eine stattliche Bibliothek mit Werken zur Architektur Mittelasiens, zur Kunst, zur Geschichte der Umgebung. Weil er zu den Wissenden gehoert (donishmand) wird er auch ueberall, wo er hinkommt, sehr geschaetzt. Er kann erzaehlen und viel wichtiger er schweigt, wenn er etwas nicht weiss. Anders als viele Aufschneider sagt er freiraus, dass er etwas nicht weiss.

Ich habe mich mit ihm viel ueber Meisterqualitaeten unterhalten. Viele von ihnen kann man auf Meistertugenden aller Professionen anwenden. Dazu gehoeren vor allem das fruehe aussuchen von Schuelern. Schueler werden oft schon in fruehem Alter zu Meistern gegeben -- bei Gauklern ab drei, bei Tischlern ab dem Alter in dem sie sich nicht mehr unweigerlich mit dem Hammer verletzten (ab sechs). Schon in diesem Alter erkennt der Meister, was fuer Qualitaeten ein Schueler mitbringt; ob er bis zu den feinen Kuensten des Schnitzens gelangt oder ob es bei ihm die mathematisch belastbare Zimmererarbeit sein wird. Dementsprechend wird er ausgebildet. Usto Solix hat 20 Schueler eine stattliche Zahl. Zwei seiner vier Soehne sind darunter, ein paar Neffen aber auch viele Ausserfamiliaere aus dem Umkreis.

Das Gesellenstueck seines Sohnes war die Decke im Gaestehaus des Hofes. Mir gingen die Augen ueber, als ich die komplexe aus verschiensten Teilen bestehende Kassettendecke gesehen habe. Auch Usto Solix, der Vater, zollt seinem Sohn dafuer Respekt. Dass dieser eine Sohn die Arbeit seines Vaters weiterfuehren wird scheint sicher. Ruhm durch Familienbetrieblichkeit zu erlangen (M

Montag, 31. Oktober 2005

Fotima und Maxluba

Das ist Fotima! Fotima ist ein Wellensittichweibchen mit aussergwoehnlichen Faehigkeiten.
BirdMweb
Sie sagt uns die Zukunft vorraus. Und das was sie mir vorrausgesagt hatte, oder besser, was sie aus dem Haufen Papier, auf dem sie immer sitzt, fuer mich heraussuchte traf 100% ins Schwarze: "Deine Wuensche gehen alle in Erfuellung. Aber nicht so, wie du es dir denkst. Du verschwendest viel zu viel Zeit darauf, was du gerade tust." Genau das mache ich. Ich warte mittlerweile mehr als eine Woche auf die Dokumente, die ich hier in dieser Stadt zu finden hoffte...
Fotima gehoert Maxluba eine der etwa 1000 Zigeuner, die seit Menschengedenken in dieser Stadt wohnen. Die Zigeuner nennt man hier luli, jedoch ist das eigentlich ein Schimpfwort. Maxluba ist die erste von allen mir bekannten Zigeunern, die stolz ist, sich eine luli zu nennen.
Maxluba spricht Tadschikisch, eine besondere Variante mit einigen argot Woetern gespickt, die ihr das Oevre einer Geheimsprache geben. Die Sprache ist jedoch so geheim, dass man leicht erkennen kann, dass die Zigeuner hier nicht Messer, sondern Klinge sagen. Weil Maxlubas Mann eine ebensolche Klinge in den Bauch eines anderen rammte, sitzt er seit 15 Jahren im Gefaengnis in Russland. Sie hatte dort mit ihm 5 Jahre gelebt, ist aber nach seinem Drogenverfall und den Raufereien, die ihn schliesslich ins Gefaengnis brachten, wieder zurueckgekommen in ihre Heimatstadt.

Ihr Grossvater, sagt Maxluba, ist aus Indien hier nach Mittelasien gekommen, war Haendler und medizinischer Spezialist fuer Schafe und Kuehe. Diese Beschaeftigung ist eine sehr typische fuer die Zigeuner Europas. Das sie auch fuer die Zigeuner in Mittelasien gilt, ist etwas aussergewoehnlich. Denn hier sind Zigeuner vor allem Haendler, Gaertner, Bettler oder Leute mit ganz "normalen" Berufen.

Das es eine enge Verbindung zwischen Indien und Mittelasien gibt, wusste ich schon laenger (sind schliesslich quasi Nachbarn), dass es aber in der Naehe von Khodjand ein Ober-Dehli (Dehliyan-e bolo) und ein Unter-Dehli ((Dehliyan-e poiyo) gibt, war eine der letzten netten Neuigkeiten, die ich hier hoeren durfte. Beide Dehlies wurden von drei Bruedern aus Indien gegruendet, so die Urspungslegende, denen es in der Naehe der Berge um Khodjand einfach gefiel....

Samstag, 29. Oktober 2005

Globus

Das ist der Globus des Hodja Yusuf Xodjandi.

Globus Yusuf Xodjandi

Hodja Yusuf Xodjandi war ein berühmter Gelehrter. Wie der letzte der Namen schon zu erkennen gibt, kam er aus der Stadt Xodjand, die früher zu Sowjetzeiten Leninabad hieß. Er lebte ein erfülltes Leben voller Wissenschaft und Forschung. Sein Haus in der Altstadt Xodjands war ein Zentrum intellektueller Betätigung bis es auf seinem Wunsch nach seinem Tod zu einer Schule umgebaut wurde.. Hodja Yusuf Xodjandi selbst war Astronom und Geograph, Mathematiker und alles das, was man als mittelasiatischer Universalgelehrter eben noch so sein konnte.
Er war unter anderem Wasserverwalter (Mirob), eine einträchtige Stellung in Mittelasien, was im später dazu verhalf seine Ingenieursfähigkeiten durch Studien in Paris, Berlin, Rom und Petersburg zu verfeinern. Nach der Eroberung MIttelasiens durch die Russen, wurde er als Kanalbauer von der Kolonialmacht eingestellt. Seine modernistisch-aufklärerische Einstellung brachte ihn auch auf die Seite der Bolshewiken. Denen zeichnete er Karten von den Bergen Tadschikistans, in denen die neuen Machthaber die Widerständischen noch bis in die 30er Jahre jagten. Er starb lange bevor der rote Terror ihm sein erfülltes Leben nehmen konnte im Jahr 1924.

Dass er den einzigen bekannten Globus Mittelasiens vor den revolutionären Umbrüchen dieses Jahrhunderts erstellt hat kam so...

1895 rief der russische Zar Nikoaj der erste einen Wettbewerb aus. Er rief dazu auf, ihm einen möglichst genauen und asthetisch wertvollen Globus zu erstellen. Es traten viele Geographen und Astronomen des russischen Imperiums gegeneinander an, und Hodja Yusuf Xodjandi gewann den Wettbewerb. Heute steht der Globus in der Baracke des Museums für die Geschichte Xodjands und wartet auf seine Aufstellung im gerade in der Fertigstellung begriffenen Museum nebenan. Das Museum soll bis zu den Ferierlichkeiten des 14. Unabhängigkeitstages in Tadschikistan am 1.09.2006 fertig sein. So will es der Brauch in allen jetzt unabhängigen Republiken Mittelasiens. Man stellt entweder etwas bis zum Neujahrsfest Nawruz (21.03.) fertig oder knapp sechs Monate später. Etwas anderes zählt nicht.

Suche

 

Archiv

April 2025
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 1 
 2 
 3 
 4 
 5 
 6 
 7 
 8 
 9 
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
 
 
 
 
 
 
 

Web Counter-Modul

Impressum

Olim ist ein arabischer Vorname, der sich aus der Silbe ilm ableitet und soviel heißt wie der Wissende oder Wissenschaftler. Ich habe den Namen 1994 in Buchara verliehen bekommen und ein Jahr später angefangen, Mittelasienwissenschaften zu studieren. Das tue ich heute immer noch im fortgesetzten Stadium. Devona ist ein Wort das man fuer verrückt, entrückt, weggetreten benutzen kann. Es hat immer irgendwie mit Liebe zu tun, zu den Menschen, zum Leben, zu Gott. Naja und das zusammen macht die Figur Olim devona aus. Manchmal schlüfe ich in sie hinein und fuehle mich dann total devona.

Here be dragons
Randzone
Reisenotizen
Sinnprovinzen
Straße der Besten
vom sofa in die Unterwelt
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren