Dienstag, 9. Oktober 2007

Es ist vollbracht!

Wirft man einen kleinen Blick auf die letzten Beiträge, könnte man denken, Olim ist im Kloster gewesen und hat sich auf die mystische Bahn begeben.
Weit gefehlt, es war keine mystische Bahn, sondern das Netzwerk, was ich vor zwei Monaten versucht habe, so richtig durchzurütteln. Und zwar hatte der Verein, dem ich vorzusitzen gezwungen wurde (:- ), den Entschluss gefasst einen Blog zu Zentralasien ins Netz zu stellen. Da wordpress wie auch dieser nette Blogprovider hier die bequeme Option geben, einem Eintrag einen Datumsstempel in der Zukunft zu geben, war die einhellige Meinung der damaligen drei Blogmusketiere, doch erst einmal überall herumzukrakeelen, dass ein Zentralasienblog in der Mache wäre. Es wurde gepostet, gepostet, gepostet und sogar ein gutgemeinter "email-Spam" unter befreundeten Korrespondenzen eingerichtet. (Komisch nur, das auf die Aufforderung, das derjenige der sich belästigt fühlte, eine unsubscribe email zurückgeschicken könne, keiner Folge leistete.) Die Zugriffe auf diese Postingaktion waren gewaltig, innerhalb des ersten Monats hatten sich 1500 Leute die Baustelle angeschaut, ohne das irgendein Inhalt zu sehen war.

Dann kam die lange Zeit des Wartens, die lange Zeit des Emailschreibens an Leute, die was zu sagen haben und bisher tolle Forschungen geleistet haben und und und. Gott sei dank, muss man sagen, war der Zeitraum auf zwei Monate festgelegt, die ersten Beiträge trudelten erst in den letzten Tagen ein. Der eine oder andere Redakteur konnte gewonnen werden und so entstand ein klitzkleines Redaktionsnetzwerk.

Ohne hier meine Leser zu sehr mit einem Making of zu langweilen, nur dieses eine kleine Detail noch. Am erstaunlichsten fand ich bei den meisten unserer Netzwerkknotenpunkte die Unwilligkeit sich auf die Chancen, die das Netz auch als Kommunikationsraum bietet, einzugehen. Und zwar gedachten wir mittels einer open source Software moodle, die es einem erlaubt, so etwas wie ein virtuelles Büro einzurichten, ein gemeinsames Arbeiten zwischen Italien, Lhasa, Duschanbe, Leipzig und Berlin einzurichten. In diesem virtuellen Büro gibt es die verschiedensten Möglichkeiten. Man kann Cafetrinken und chatten, man kann workaholic sein und wie ein verrückter Texte produzieren, redigieren, man kann Netzwerkarbeit leisten und Rundmails erstellen und und und. Man muss sich nur, während man an seinem Schreibtisch sitzt in das System einloggen und gut ist. Dieses Angebot wurde bisher kaum angenommen. Anscheinend gibt es immer nur Vernetzungsideen im Netz von Leuten, die sich über andere Sachen und auf andere Art und Weise was zu sagen haben. Die Wissenschaft und ihre Rhizome sind immer noch diese alten langweiligen "sich treffen und mal darüber reden" Typen.

Aber da ich hier nicht so viel meckern will, sondern eher ein virtuelles erleichtertes Seufzen in die Runde geben will, das der Überschrift nahe kommt: Es ist vollbracht, der Blog tethys.caoss.org ist im Netz online und wird jede Woche einen fundierten Beitrag zu Zentralasien veröffentlichen, wenn es einen aktuellen Anlass gibt, der zur Eile gebietet, wird das auch in der Wochenmitte noch einmal der Fall sein. Aber mehr ist selbst den zentralasienenthusiastischsten Lesern nicht zuzumuten.
Schaut doch mal rein...

Freitag, 28. September 2007

Jesus!

Wir sitzen gemütlich in der Kneipe. Sie eine Studentin der höheren Semester, äh der europäischen Geschichte in Heidelberg und ausserdem Organistin in ihrer Heimatgemeinde im Saarland. Sie riß das Gespräch an sich, mit der einfachen Nachfrage, ob wir, also ich wisse, was an Burschenschaftenklos im Verbindungshaus so besonders sei?

Ich: Nein, was denn?

Sie: Da hängen BD's in Kopfhöhe, die eigens zum Reinkotzen gedacht sind.

Ich: Aha.

Sie: Und wisst Ihr, wie man im Saarland das Fronleichnahmsfest nennt?

Ich: Nein.

Sie: Happy Kadaver!

Ich: (Lache)

Sie: Und an Ostern, da haben wir auch einen hübschen Brauch. Da geht die Gemeinde nach dem Osterfeueranwärmen in die Kirche und der Pfarrer bleibt draussen. Darauf werden die Türen geschlossen, drinne ist es saudunkel. Dann klopft der Pfarrer mit seinem Holzkreuz an die Kirchentüre, stellt sich als Jesus vor und fragt, ob man ihn einlasse! Das macht er drei mal, erst dann macht die Gemeinde auf. Und alle singen...

Ich: (lasse sie singen)

Und das Gespräch wogt in ganz andere Gefilde....

Mittwoch, 5. September 2007

CCC von der Datenautobahn

Das habe ich gerade hier gefunden. Der CCC hat versucht, den Bundestag tanzbar zu machen. Aber der Tanzschritt bleibt beim Tanzen stecken, mir wurde zwischendurch sogar schlecht. War es nur das Bier? Und dann auch noch ein Innenblick von Kindern auf den Bundestag, da wurde mir erst recht schlecht. Und dieser Staat will Gesetze über etwas auf den Weg bringen, das sie gar nicht kennen?

Montag, 27. August 2007

Letztens bin ich hingefallen, genau aufs Gesicht...

(Sandow im Nikolaisaal, Potsdam 26. August)

Es ist ganz schön mutig den (neuen) Freunden das Bilderalbum von den verwegenen Jahren, der wilden Zeit in den 90ern zu zeigen, die eigene Wildheit von damals auf die Leinwand zu projizieren und dann zur Gitarre zu greifen und zu sagen, "Ach übrigens, ich hab da was Neues."

Zuerst also war der Film über die Gute Alte Zeit Flüstern und Schreien und dann kam das Comeback einer Gruppe, die im Flyer mit den Worten angekündigt wird "die bekannteste Avantgarderockband aus dem Osten" oder so ähnlich.


Wenn Du gehst dann lösch die Zeit aus
Mach das Licht aus reiß das Haus ein
und wenn es sie noch gibt
Vergiß den Boden unter meinen Füßen nicht
Wer hält mich Ich falle


So klingt es da in den Nicolaisaal hinein, in eine Masse wohlwollender Zuschauer, die für ihre zahlreichen Euronen auch was geboten bekommen wollen. Die Kulisse ist beachtlich, die Filme gefallen mir in ihrer gelassenen Aufgeregtheit. Doch was macht das, wenn das Material, auf dem das alles fußen soll, nicht trägt? Die Streicher machen den Teppich auf dem der flauschige Sound seine fröhlichen Urständ feiert. Die Synthesizer plingen immerdar. Das "Wir tanzen, tanzen, tanzen" von damals ist übrig geblieben, klickgenau in bites und bytes zerhackt. Die Leerstelle im System, die zu suchen Sandow inmitten der Neunziger sich durch immer düstere Welten rockten, das schwarze Loch im weissen Pelz, dass sie nimmermüde suchten und dabei schwarz und schwärzer wurden, ist nunmehr angefüllt mit Soundarrangements und gefälligem Klimpern. Doch die Worte fehlen oder sehen müde aus.

Dabei fingen sie ganz mutig an, die Worte. Aufrüttelnd nach vorn, ohne die Aufgeregtheit der ersten Sekunden:


"Sag nicht morgen sag jetzt
Sag wir sprengen die Ketten
Sag nicht nein sag hier
Sag wir werden nicht betteln
Versteck Dich nicht
Und schleif die Scharten
Sag Sonne sag Sturm
Sag wir werden nicht warten
Die Angst ist ein Schaf
Ist ein Herdentier
Verjage sie
Und steh hier bei mir."


Der Sonne war viel, der Sturm blieb aus. In den Ketten der eigenen Schatten liegend konnten meine Augen jedoch kaum das Neue sehen. War die Alte Zeit einfach in ihrer Konstellation zu wild und passend für solche Apokalyptiker wie Sandow? Und kriegen sie es auf die Reihe, im Strom der neuen Gefälligkeit dem eigenen Wort ein Licht anzuzünden, das mehr ist als nur das wärmende Teestövchen für die verregneten Nachmittagstündchen?


"Wir schmecken die Süße des Anfangs im Kuß der Welt
Berühren das Rätzel Verlangen das uns gefällt
Besessen im Drang die Zellen in Brand Chorgesang
Wir treiben dahin frei ohne Sinn das ist der Sinn."


Ohne hier einen Zeigefinger zu erheben, zu erbitten oder zu verlangen. Aber nur treiben lassen ... ist das ein Motto für Rockmusik, für schwere Gitarren und kettensprengende Attitüden? Oh Gott, nein. Herbert treibt sich hin und denkt an seine Anna. Sandow treibt sich hin und denkt an sein Manna? Die Sucht der Bühnenerfahrung, die Christoph Hinze im vorher gezeigten Bilderalbum ansprach, war das die stärkste Pille für die Band? Oder haben sie doch noch was zu sagen?
Ich will noch abwarten, bevor ich summe:

"Letztens bin ich hingefallen, genau aufs Gesicht..."

update: Oh Gott, neh des passt net. Also achduscheisse, hier ein Artikel,
in den "Potse neueste Nachrichten"
schwachmatisch. Geschrieben von einem, der zur Vorbereitung auf den Artikel sich nicht mal die alten Alben besorgt hat und daher zeigt, dass er Alt von Neu nicht unterscheiden kann. Peinlich, so ideenlos hinzugehen und dabei als Aufhänger des Artikels einen aufgeschnappten Satz zu präsentieren, der sowas von egal ist. Und dass dann auch noch in eine sinnlose Wertung verpackt, die hinterrücks einem das "kauf mich! Ich bin besser als ... " reindrückt.

Also jetzt aber doch: Oh Gott!

Samstag, 18. August 2007

(zu viele Worte)

Es ist Sonnabend. Ich hatte vor -- seit Tagen -- die ganze Zeit, also immer -- nur so durch und durch zu arbeiten. Und dann las ich vorgestern in der Taz das hier . Und weil ich jetzt ne Ausrede brauche, warum ich so gar nichts geschafft habe, schiebe ich den Artikel vor (Wie mich der mich aufgeregt hat... mann!)

Also langsam. Da hat ein Punk mit ein paar Punks einen Film gedreht. Der lehnt sich an einen gleichnamigen "Klassiker" von Moses A. an und soll in diesem Sommer herauskommen. Nun stellt der Taz-Mann Robert Ackermann ein paar äußerst berechtigte Fragen:

1. Kann ein Film, der mit per Antrag erworbenen Staatsgeldern und Firmensponsoring produziert wird, überhaupt wirklich Punk sein?

"Das tolle am Punksein ist ja, dass man gegen alles und gleichzeitig so inkonsequent sein kann. Punk wird immer mit so einer pseudolinkskulturellen Schwachmaten-Attitüde verbunden, aber Punk war nie eine politische Bewegung in dem Sinn. Wenn ich mir vorhandene Strukturen, die ich für total überflüssig halte, zunutze machen kann, um für eine gute Idee zu profitieren, ist das auf keinen Fall konträr zu Punk. Ich komme als ungelernter Borgdusiemir und kassiere die Gelder. Till Eulenspiegel hätte das nicht besser gekonnt."


2. Und was ist mit den Schauspielern? Gibt es etwas Unpunkigeres, als für einen Spielfilm Punk zu mimen, für die Kamera herumzuhampeln? Wie ein Schoßhund beim Wort "Action" zu bellen?

"Sobald 50 unserer Leute am Set, die alle selbst der Punkszene nahestehen, ihre Polizeikostüme anhatten, war es so, als ob sich bei den Punks ein Hebel umgelegt hätte. Die haben richtig drauflosgeprügelt und zum Teil echte Steine auf die Darsteller geworfen. Als dann die echten Bullen noch kurz am Set vorbeigeschaut haben, wäre die Situation beinahe eskaliert."

3. Ohne ein bisschen Bürgerlichkeit scheint man einen solchen Film wohl doch nicht drehen zu können. ... (?)

"Es gibt im Prinzip keine einzige Regel, an die man sich halten darf. Und wenn man sich mal eine Regel gesetzt hat, dann lässt sie sich trotzdem zu gegebenem Zeitpunkt wieder brechen. Jeder kann tun, was er will. Mit ein paar Ideen, einem Schweizer Taschenmesser und zwei Kumpels, die mitmachen, kann man die Welt verändern."

So ja und was soll mich daran stören, an all den Antworten?

Das war es ja gerade was mich den ganzen Donnerstag abend beschäftigte, was störte mich an all den Antworten? Irgendwann in der Nacht kam ich darauf. Es war die Länge der Antworten, das war einfach nicht mehr Punksein! Als nämlich die großen Brüder der Punks oder ihre jungen Oheime die Häuser, Strände, Stadtparks und Universitäten 1968ff besetzten, das ganze erstarrte und vor Machtgier geile System vor ein Problem stellten, da brauchten sie die großen Worte. Communiques (ja sie wussten sogar, ohne im Duden nachzuschlagen, wie das geschrieben wurde) verfassten sie seitenlang. Sie mussten wahrscheinlich auch bei ihren "Fick Ins" ständig labern... Selbst die Jungs und Mädels des Deutschen Herbstes kamen ohne ihre Publizität nicht aus mussten immer was erklären, Wortreiche Spiegel der Welt vorhalten usw. Ja und dann kamen ihre kleinen Neffen und Nichten die Punks auf die Bildfläche und hatten für dieses Gelaber gerade mal zwei Worte: "No future!" Mehr brauchten die Kinder der Wirtschaftswundereltern über ihren eigenen Zukunftssinn nicht sagen! Zwei Worte. Und nicht etwa: Mit dem und dem könne man die Welt verändern!?! Nee: No future!

Und jetzt dieser Ehlail, der Punk, soviele Worte, zukunftsgeil? War das Punk, ist das Punk, ist Punk nicht viel eher im Kopf, in der Leere zwischen den Worten, Einstellungssache?

Naja und dann sah ich via hier und dachte mir, momentmal: Ist das nicht Punk? und musste irgendwie bewundernd staunen...



Aber ich blieb skeptisch zu viel klick, zu viele Regeln! Aber angestochen auf der Suche danach wanderte ich auf die Quelle und fand das hier:




Wow dachte ich, dass ist doch Punk, kreativ, neben dem klick auf alle Regeln brechen und dabei Spass haben, dabei diese Dame hier parodieren:




Und dabei ganz sicher "no future" haben ...

PS. Und dann macht die echte Dame klar, dass sie auch auf wirklichen Hochtzeiten tanzt, und das hier auch noch super geil....



Tabrik! sagt olim devona ...

PSS. Und was mich an diesem Beitrag stört, er hat einfach zu viele Worte...

PSSS. Und am Ende merke ich, das ich am Anfang nen Artikel fertig mache, der wirklich gut ist ...

Mittwoch, 15. August 2007

Kosmologien in vielen Dimensionen oder: Arche Nebra sehen und sterben...

Vor ein paar Tagen machten wir es wahr... Mit den Fahrrädern fuhren wir an die Unstrut, der Auftakt und unübertroffen war dabei der Besuch der Arche Nebra. Die (schon so oft) sehr gelungene Pressearbeit des Landesmuseums für Vorgeschichte Sachsen Anhalts hatte seit Juni kräftig die Trommel gerührt und neben dem Erscheinen diverser Zeitungsartikel auch länderübergreifend die bevorstehende Eröffnung der Arche Nebra plakatiert.

Auf dem Fahrrad näherten wir uns entlang der Unstrut dem kleinen Dorf Wangen, das unweit der Fundstelle liegt. Schon vom Radweg aus, entlang des lustig rauschenden Flüsschens Unstrut, hat man einen Augenblick einen gewaltigen Blick auf die seit Juni eingeweihte Arche. Das Gebäude, konzipiert und projektiert vom Architekturbüro Holzer und Kobler nahm dabei ein Detail der Himmelscheibe, die im unteren Teil zu sehende Barke auf und stellte es auf einen schwarzen Sockel, auf das der Eindruck entsteht, die Barke schwebe frei über dem Feld. (via)

Wir bezahlten den nicht zu verachtenden Eintritt und begaben uns in das Obergeschoss, in dem wir langsam und behutsam auf dem Weg in die Daueraustellung über die überragende Bedeutung des Fundes aufgeklärt wurden. Daraufhin betritt man die Daueraustellung, ein wohltuende Ratlosigkeit machte sich breit, wo anfangen in dem chaotischen Ensemble, dass sich einzig und allein den Fundstücken des Hortes (Grabes) widmete.

Wir mussten geradezu in die Spirale aus Raum und Zeit eintauchen, um mehr über die Bedeutung der Scheibe zu erfahren. Als wir eintauchten wurden wir auch gleich eines kleinen Putzteufelchens gewahr, der durch eine äußerst geschickte Videoprojektion so tut, als ob er auf den Fundstücken leben könnte. Er putzt sie, springt von einem Stern zum anderen und kann dabei kleinen Kindern genauso wie grossen Leuten Fundgeschichte, Bedeutung und Kosmologie der Bronzezeit erklären. Wow, wir waren begeistert. (Leider nennt man dieses Wesen in der Darstellung des Hauses " virtuelle Explainer und Pepper Ghosts, obwohl es nur ein äußerst talentierter Schauspieler ist und nicht mehrere)

Wir kamen zu spät, hatten nur zwei Stunden und schafften so nur die Arche selbst, nicht den schiefen Turm an der Fundstelle sowie die Präsentation im Planetarium. Das Puppenspiel für Kinder haben unsere Kinder auch nur zum Bruchteil schaffen können, zu verlockend waren all die anderen Angebote zum stöbern und entdecken. Immer wieder Löcher im Boden mit Repliken der Grab- (Hort-) Funde usw.

Jedoch muss man auch sagen, dass die Aufgabe, die 5 Fundstücke der Öffentlichkeit in einem einzigen Gebäude zu präsentieren ungleich mehr freiräume läßt, als es ein Haus machen kann, dass sich 3 Jahrtausenden Menschheitsgeschichte widmet.

Für die Herbstferien steht das Ziel Nebra jedenfalls schon fest, dann aber von morgens bis abends ....

So fuhren wir am Abend noch ein paar Kilometer an der Unstrut, campierten dort und brachen den nächsten Tag völlig durchnässt vorzeitig die Tour in Freyburg ab, nicht ohne die Bilder des Weintales der Unstrut bei Freyburg als den letzten unübertoffenen Hoehepunkt in unseren Köpfen mitzunehmen.

Freitag, 13. Juli 2007

Das agonale Prinzip

Am 1. November 1978 versammelte sich die Bürgerschaft der usbekischen Stadt Kokand, um der Enthüllung eines Denkmals beizuwohnen. Eine mehr als drei Meter große Statue eines jungen Mannes, Abdulla Nabiev, wurde am symbolträchtigen Ort unweit der Prachstraße in der russisch kolonialen Neustadt, die zu Sowjetzeiten Pionerskaja hieß, der Öffentlichkeit übergeben.

nabiev-denkmal

Abdulla Nabiev war ein junger Mann, ein Adoptivsohn einer Handwerkerfamilie aus Kokand. Diese schickte ihn in eine Reformschule, eine am Anfang des Jahrhunderts in Mittelasien sich überall etablierende moderne Einrichtung mit lokalen Lehrern, jedoch sakularen und religiösen Inhalten. Das war vor der russischen Oktoberrevolution.

Ab 1914, direkt mit dem Ausbruch des ersten Weltkrieges gründeten aufgeklärte Stadtbürger aller Orten Charitasverbände, die einerseits Geld sammelten, andererseits sich aber auch für soziale Belange vor der Haustür einsetzten. Die Schüler der besagten Reformschule taten dies ebenso. Bald darauf brandte das russische Imperium an allen Ecken und Enden, die Oktoberrevolution schwappte aus den Zentren Petersburg, Moskau und anderen Städten in die kolonialen Peripherien. Da die Charitasidee vor allem von jungen Männern organisiert wurde, bekam sie mit 1917 auch einen revolutionären Namen: Komsomol. Abdulla war hier ein Gründungsmitglied von vielen, nahm die soziale und politische Idee aber um einiges ernster und stieg langsam in der Komsomolhierachie auf. Nun entdeckten ihn auch Bezirkskader und ließen ihn im Schnellkurs zu einem Kommunisten machen. Bald darauf wurde er in eine andere Region Mittelasiens entsandt, eine gängige Methode der Kaderverschickung, wo er bei einer bewaffneten Auseinandersetzung mit den antibolschewistischen Rebellen starb. Eigentlich war er ein Opfer des Bürgerkrieges, von den kommunistischen Statthaltern an die Bürgerkriegsfront geschickt, verstarb er im Alter von 24 Jahren 1921.

In den nächsten Dekaden, den 10 jährlich wiederkehrenden Gedenkfeiern zur Revolution wurde seine Person, eigentlich ein weisses unbeschriebenes Blatt Papier, ein Medium, in das die verschiedensten Akteure ihre Ideen von revolutionären Heldentum einschrieben. Diese Mystifizerung sowjetischer Helden folgte nach und nach verstärkt noch durch den 2. Weltkrieg dem agonalen Prinzip. Revolutionäre waren Kämpfer, nicht Opfer revolutionärer Umstände. Sie stritten für die Sowjetmacht, die einzige Opferpose die erlaubt schien, war die Mutter, die ihre Kinder verlor. Alle Männlichen Unterstützer des Systems wurden nur als Kämpfer geduldet. Die fünf Jahr Pläne, die stoßweise und rücksichtslose Technisierung der Landwirtschaft und Industrialisierung der Wirtschaftzonen, sowie die sowjetische Unterlassung charitativer Hilfe für sowjetische Kriegsgefangene in der Hand der Wehrmacht waren eine Folge dieses agonalen Prinzips. Auch Abdulla Nabievs Mystifizierung wurde vom agonalen Prinzip geleitet.

Es kam das Jahr 1965. Chrustschow hatte die Tauwetterperiode eingeleitet und die kommunistische Partei Armeniens beging unter Ausschluss der Öffentlichkeit das 50 jährige Gedenken an den Genozid durch das osmanische Reich hinter verschlossenen Türen. Der Genozid jedoch war schwierig durch das agonale Prinzip zu mystifizieren. Franz Werfel gelang z.B. mit dem Roman die Helden des Musa Dagh zwar diesem agonalen Prinzip einzuordnen, die gesamte Geschichte der Vertreibung jedoch war aus der Opferperspektive um einiges authentischer zu erinnern. Und hier wird es interssant. Die Mitglieder des Politbüros Armeniens fassten auf dieser Gedenkstunde den Beschluss, dem Ereignis ein Denkmal zu widmen und entpuppten sich als Virtuosen des agonalen Prinzips. Das Denkmal wurde den Gefallenen des Großen Vaterländischen Krieges errichtet, hatte eine dafür typische ewige Flamme, jedoch zeichneten es zwei andere Symbole aus, die eigentlich unmißvertsändlich waren: Es wurden zwölf Steinstehlen im 45 grad Winkel so aneinandergestellt, als wäre es ein abgeschnittener Berg, eine symbolisch hochgradig aufgeladene Allegorie auf den Ararat, den man von dort aus auch sehen kann und ein Obelisk, ein typisches armenisch christliches Symbol. Offiziell folgten die Beschreibungen dieses Denkmals dem Prinzip des sowjetischen Totengedenkens für die gefallenen Helden des zweiten Weltkrieges, inoffiziell jedoch wurde hiermit auch dem Genozid an den Armeniern gedacht.

Das agonale Prinzip wurde nach dem Ende der Sowjetunion weitgehend fallengelassen. Die armenische Gedenkkultur wurde durch die amerikanische Diaspora stark von der Erfolgsgeschichte des jüdischen Gedenkens an die Opfer der Holocausts beeinflußt. Auch in Mittelasien wurden die Heldendenkmäler aus der Öffentlichkeit entfernt. Man stilisierte sich zunehmend als Opfer der kolonialen und kommunistishen Gewaltherrschaft. Das kämpferische Denkmal Abdulla Nabievs wurde längst eingeschmolzen.

Mittwoch, 11. Juli 2007

Der Große Schwindel

Ich: "Du, Du hast doch letztes Mal von diesem Wissenschaftler erzählt, der in Schweden Angst hatte vor einer neuen Eiszeit, der meinte, Skandinavien wieder unter Gletschern verschwinden zu sehen, deswegen CO2 als Treibhausgas deklarierte und hoffte, wenn die Industrieanlagen und Kohlekraftwerke nur ordentlich CO2 aussenden würden, dann gäbe es eine Hoffnung für Schweden, gerettet zu werden. Kannst Du mir nicht noch mal den link dazu schicken, unter dem Du das nachgelesen hast?"

Er: Hmm…

Ich: "Weißt Du, ich habe nämlich vor, einen Blogeintrag zu machen, in dem ich über dieses ganze Live Aid Dingsbums, Klimagipfel G8 und die Manifestationen am letzten Wochenende schreiben will. Mir kommt es so vor, als sei es das letzte Aufbäumen modernen Gedankenguts…"

Er: Hmm, dass seh’ ich nicht so.

Ich: "Was ist’n los? Bist Du irgendwie traurig, hast Du schlechte Laune?"

Er: Nöö, habe jetzt bloss keine Zeit meine Gedanken darüber darzulegen. Ich sehe das eben ein bisschen anders….
Das war vor knapp einer Woche. Jetzt will ich ihm unbedingt Recht geben. Ich sehe das jetzt auch ein bissel anders.

Ein paar Stunden später kam ein Link zu einem Film ins Haus geflattert. Als ich die Dauer des Filmes sah, schluckte ich. Eine Stunde und 20 Minuten für ein bissel Recherchearbeit wegen einem heimatverbundenen Schweden? Aber egal, die ersten Minuten des Filmes machten Laune auf mehr und so machte ich es mir vor ein paar Tagen am Abend gemütlich, nahm Bier und Chips mit vor den Schirm und schaute mir den Film: der große Schwindel an.

Vorweg, der Film ist eine provokante Doku des Channel 4 über die Wurzeln der Politik mit dem Klimawandel. Da er aber aus vier Teilen zusammengestellt ist, sich deswegen manchmal wiederholt und ausserdem ein wenig lang ist, will ich mich hier einigen lohnenswerten Aussagen des Filmes widmen.

Der Film versucht nachzuweisen, dass die These, CO2 in der Atmosphäre verursache Klimawandel wissenschaftlich unhaltbar ist.
Erstens, gehe das auf ein einfachen Denkfehler hinaus: die Korrelationen CO2gehalt in der Atmosphäre und dem Ansteigen der Temperaturen auf der Erde wurde von solchen Klimaaktivisten wie Al Gore einfach falsch gedeutet, richtig müsste es heißen, je höher die Temperaturen in der Atmosphäre, desto mehr Biomasse gedeiht auf der Erde, desto mehr CO2 kann auch gemessen werden.

Zweitens sei CO2 kein Treibhausgas. Das Treibhausgas Nummer eins auf der Erde ist Wasserdampf, daneben andere aber CO2 ist schlechthin in solch einer geringen Konzentration nur vorhanden (gegenüber Sauerstoff und Stickstoff) das hier von Einflüssen auf das Klima keine Rede sein kann.

Drittens verursache der Mensch alle Industrieananlagen der Welt zusammengenommen nur einen Bruchteil der CO2 Mengen, verglichen etwa mit der CO2Produktion der Ozeane oder der Biomasse auf der Erde oder der Vulkane. Einen Einfluss des Menschen auf das Klima sei mitthin eher megalomanes Wunschdenken nach dem Format: „Auch Du kannst das Klima ändern Genosse!“

Viertens sei die Sonne der hauptsächliche Klimabeeinflusser und die Sonnenflecken Indikatoren für langfristig ansteigende oder abfallende Temperaturen (eine Weißheit, die man seit dem Mittelalter kenne).

Fünftens gebe es bisher überhaupt keine verlässlichen Modelle, wie Klima vorhergesagt oder gerechnet werden kann. Zu viele Indikatoren sind dafür einzubeziehen, die Mechanismen wie sie Wirken aber bisher weitgehend unbekannt.

Dann käme hier sechstens und siebentens und und und, das aber geht genau wie die ersten fünf Argumente viel zu sehr in Richtung Meteorologie und Klimawissenschaft, von der ich schlechtweg nichts verstehe.
Für eine eingehende Besprechung auch hier

Viel interessanter sind jedoch die ideologischen Implikationen, die die jetzige weltweite Klimapolitik beherrschen, die von den Industrienationen vorangetrieben wird und deren Wurzeln. Weit davon ab, irgendeine Verschwörungstheorie zu entwerfen, beginnt die Geschichte der Auseinandersetzung mit dem CO2 und dem Klima in England. Hier streikten 1984/85 die Bergarbeiter und zugleich sah die Thatcher Regierung, wie empfindlich England von seiner Kohleindustrie und ihren Arbeitern abhängig waren. Also ließ die Thatcher Regierung als erste europäische Regierung viel Geld in die Erforschung anderer Energiequellen wie die Atomkraft fließen. Außerdem gab sie Gutachten in Auftrag, die die Kohlewerke und ihren CO2 Ausstoß direkt mit dem Klima in Verbindung brachten und damit als Energieform mißkreditieren sollten. Was danach geschah ist eine interessante Dynamik, die wohl nur etwas mit gleichgearteten Interessen vieler Einzelner Akteure zu tun haben kann. Der Ostblock zerbrach und eine Menge Menschen, die sich dem ideologischen Kampf widmeten, wurden Argumenten zu einer sozialistischen Praxis beraubt, die sie meist selbst nur theoretisch kannten. Sie entdeckten für sich das Thema des Klimas, weil hier antikapitalistische Politik gemacht werden konnte. Industrielle Entwicklung als das neue Feindbild.

Ohne hier über die Interessen der einzelnen Verbände irgend ein Urteil fällen zu wollen, wird die ganze Sache ab dem Zeitpunkt komisch, in dem die großen Industriestaaten für sich das Thema entdeckten.

Da ich von Haus aus immer schon Staatsideologien gegenüber kritisch erzogen worden bin, machte zuletzt mich genau dieser Umstand stutzig. Nun gut, eine einfache Antwort wäre, mit Umwelt konnte Wahlkampf gemacht werden. Dass hatten Grüne Parteien in ganz Europa vorgemacht. Nun konnte mit Klima, wie der Film sehr schön nachzeichnen kann aber auch globale Politik gemacht werden und da wird es kompliziert. Der kurze Verweis nach Afrika in diesem Film (relativ am Ende) genügt, um die Perfidität des Klimaarguments zu zeigen. In Afrika liegen die bedeutendsten Kohlevorkommen der Welt. Hier sind die Länder auf Entwicklung angewiesen. Die Solar und Windanlagen, die man zu ihnen exportieren will, reichen kaum aus, um den nötigsten Haushaltsstrom zu erzeugen. Es fahren nun mal keine Güterzüge mit Solarenergie, so wie auch keine Stahlbetriebe mit Windkraft arbeiten können. Hier müssen Energiekraftwerke jedoch erst noch gebaut werden. Der afrikanische Traum, wie es im Film heißt, wird durch die heutige Klimapolitik, die von den Industrienationen vorangetrieben, unmöglich.
Nun stellt der Film nicht die Frage, was passiert wenn Afrika sich entwickelt, sondern, was passiert, wenn es sich nicht entwickelt. Ein unvorstellbar großer Prozentsatz von Menschen kochen in Afrika mit offenem Feuer anstatt mit Gas oder Elektroherden.

Der CO2 Ausstoß der vom Feuer direkt in die Lungen von Kindern und Erwachsenen gelangt, verursacht Lungenentzündungen, Immunschwächen, Krankheitsanfälligkeiten u.u.u.
Hier würden Gas- oder Kohlekraftwerke, die Strom in Hauhalte liefern könnten, einen Lebensqualitätssprung ohne gleichen machen. Ob der CO2 Ausstoß, der vom Herdfeuer direkt in die Atmosphäre gelangt, irgendwas mit dem Klimawandel zu tun hat, und damit wären wir wieder beim Anfang dieses Eintrages, ist wissenschaftlich bisher nicht bewiesen und Teil eines „Großen Schwindels“. Der andere Schwindel jedoch, der auf der Hand liegt, ist das falsche Argument gerade die Länder von CO2 Emmissionen fern zu halten, die sich die teuren Umweltspielereien der Industrieländer nicht leisten können. Und hier vereinen sich auf unheilvolle Weise die Interessen von Umweltschützern und die von Politikern.
Na dann: Gute Nacht!

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Olim ist ein arabischer Vorname, der sich aus der Silbe ilm ableitet und soviel heißt wie der Wissende oder Wissenschaftler. Ich habe den Namen 1994 in Buchara verliehen bekommen und ein Jahr später angefangen, Mittelasienwissenschaften zu studieren. Das tue ich heute immer noch im fortgesetzten Stadium. Devona ist ein Wort das man fuer verrückt, entrückt, weggetreten benutzen kann. Es hat immer irgendwie mit Liebe zu tun, zu den Menschen, zum Leben, zu Gott. Naja und das zusammen macht die Figur Olim devona aus. Manchmal schlüfe ich in sie hinein und fuehle mich dann total devona.

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