Mittwoch, 6. September 2006

1001 Nacht

ist was anderes.

Neulich machte uns dede darauf aufmerksam, dass in Köln ein paar lustige Jungs eine lustige kleine Untergrundkaschemme mit hochherrschaftlichen Namen führen. Beim genaueren Observieren durfte ich feststellen, dass die Untergrundgags am laufenden Band produzieren u.a. diesen hier.

Da scheint jemand sehr viel Spass zu haben, den Untergrund publikumswirksam zu machen.

Naja, wenns Spass macht...

Mittwoch, 30. August 2006

einmal Journalist sein...

und so einen Text schreiben: Pamirreise eines deutschen Journalisten ohne jede Besserwisserattitüde und Politikaufklärung und trotzdem alles drin.
Das Beste was ich seit langem über Zentralasien gelesen habe.

von Kasse vier!

"Hallo!", grüsst mich die Kassiererin an der Kasse. "Guten Tag!" gebe ich zurück. Sie schaut mich länger als gewöhnlich an, hat ein nettes und durchdringendes Lächeln. Kassierinnen nehmen sich ja sonst nie Zeit zum Lächeln. Ihre Hände gleiten beschwingt und flink mit Bier und Suessigkeiten über den Scanner. "2 EURO neun," sagt sie. Ich schaue in ihr Gesicht, das nette Lächeln ist nicht verschwunden. War also kein Anranzer von der Chefin mal mehr zu lächeln, dann hät's für keine 2 Sekunden gereicht. Ich zücke das Portemonnaie, ihr Lächeln versinkt in nichtssagende Apathie, nicht urplötzlich, sondern unauffällig ohne sich was anmerken zu lassen sozusagen. Scheisse!, denke ich. Wieso muss ich heute ausgerechnet das Damenportemonnaie meiner Freundin mithaben?!

Donnerstag, 17. August 2006

Aus Bulgarien

Diese nächsten drei Beiträge habe ich heute unserem lieben Kollegen, der uns ebenfalls nach Shutka begleitete aber dann weiter nach Bulgarien zu Freunden fuhr. Er hat sie mir freundlicher Weise zur Verfügung gestellt.

Das Hostel

[Autor: Jens Jensen]

Stevan traf ich in einer Seitenstraße im alten Varna. Er war gerade mit dem Rad und zwei Kumpels unterwegs. Und weil ich noch keine Bleibe für die Nacht gefunden hatte, fragte ich ihn, ob er nicht eine Idee hätte, wo man für wenig Geld unterkommen könnte. Darauf antwortete er, dass er nur ein kleines Hostel kennt, was er vor ein paar Tagen eröffnet habe. Es sei ganz in der Nähe. Er erzählte wie er die letzten Jahre im Hostel von Plovdiv gearbeitet habe, dass er und seine Freunde immer die nationalen "Hacky-Sacky"' Meisterschaften veranstalten und seine Freundin sogar die nationale Meisterin ist. Mir kam das alles nicht spanisch sondern eher chinesisch vor, da ich keine Ahnung hatte was ''Hacky-Sacky'' sein sollte und der Typ wie 19 aussah... Aber alles was er erzählte stimmte (außer dass das Hostel nicht in der Nähe war;-) Er hatte ein kleines Hostel in einem Hinterhof aufgebaut: Zwei Zimmer, zehn Betten, Internetzugang und die üblichen Verdächtigen. Drei Niederländer, noch drei Iren (darunter das einzige Mädchen), ein Kanadier und ein Australier waren die Insassen. Ich fragte sie, ob sie ''Hostel'' von Tarantino gesehen hätten und deshalb nicht nach Bratislava gefahren seien... Aber nein, Bulgarien ist als Reiseland schon lange etabliert. Besonders die Schwarzmeerküste mit ihren bekannten Seebädern und Hotelburgen ist voll von Pauschaltouristen. Die Rucksacktouristen hingegen landen bei so Leuten wie Stevan, die ihr eigenes kleines Geschäft eröffnet haben...

Die Kirche und der Markt

Stevan warnte mich auch nachts nicht durch den Park um die Kirche des heiligen Kyrill und Methodius, dem Sitz des Metropoliten zu gehen. Tagsüber finden dort Prozessionen und öffentliche Veranstaltungen statt.
Kirche-des-heiligen-Kyrill-
Aber es ist wie die andere Seite der Medaille. Am Abend etwa ab 11, könne man dort nur noch Prostituierte und Verbrecher finden.

Kirche und Park sind im Zentrum von Varna, gegenüber ist ein Gemüse- und Souvenirmarkt und die Polizeipräfektur ist auch nicht weit... Das nützt aber nichts. Denn am Nachmittag, nachdem meine Begleiterin und ich uns dort ein Kilo Weintrauben verinnerlicht hatten, wurde ihr von einem Zigeunermädchen das Handy geklaut. Ich war schon ein paar Meter weiter gegangen und schwatzte mit einer Gemüseverkäuferin, die mich in perfektem Englisch eindringlich warnte, auf mein Geld aufzupassen. Ich lachte nur und im selben Moment war es schon geschehen. Ich versuchte mit meinen „glänzenden“ Romanikenntnissen noch bei einer zigeunerischen Händlerin etwas über die Diebe zu erfahren und sagte, dass wir das Handy zurück kaufen wollen. Sie bekundete aber nur ihr Mitleid und wollte mir dann doch lieber neue Schuhe verkaufen ... Liegt das vielleicht an meinen sechs Jahre alten Teva-Sandalen???

Solche Ereignisse nähren das schlechte Image der Zigeuner und bemerkenswert ist, dass selbst „tolerante“ westliche Besucher und Touristen abfällig bis rassistisch über Zigeuner sprechen, wenn sie selbst es sind, denen etwas gestohlen wird. Diese Erfahrung habe ich selbst mit Menschen gemacht, die in einer Hilfsorganisation arbeiten. Einen Kommentar, der dieses Gefühl in Worte fasst, konnte ich auch aus dem Munde meiner Begleiterin hören: „Was ist das für ein Volk, wo schon die Kinder zum Stehlen erzogen werden?“

Ich konnte diesen Vorwurf auch nicht vollständig entkräften, obwohl ich beklagte, dass das eine grobe Verallgemeinerung sei und gerade den hier wohnenden Zigeunern scheinbar wenig legale Einkommensquellen zur Verfügung stehen. Der Fakt aber bleibt, denn es war kein Einzelfall. Als wir ein bis zwei Stunden später zum Markt zurückkamen und ich noch mal mit der englischsprachigen Gemüsehändlerin sprach, berichtete sie, dass die gleiche Gruppe zurückkam und noch einmal einen Touristen bestohlen hatte.

Shutka

Ich weiß nicht viel über die Situation der verschiedenen Zigeunergruppen in Bulgarien, aber die Verhältnisse erinnern mich an Rumänien, wo ebenso ein sehr angespanntes Verhältnis zwischen Zigeunern und Mehrheitsbevölkerung besteht. Im Vergleich dazu ist dieses Verhältnis in Makedonien, in Shutka, wo ich vorher eine Woche zu Besuch war, fast konfliktfrei.

Triumphwagen-in-Shutka

Die meisten Roma haben im ehemaligen Jugoslawien Berufe erlernt und viele verdienen heute ihr Geld als Gastarbeiter in Deutschland, Frankreich, Belgien oder Italien.

Ein makedonischer Taxifahrer, den ich nach seiner Meinung über Zigeuner fragte, sagte nur „veseli narod“, ein lustiges Völkchen.

Das lustige Zigeunerleben

Am Abend saß ich wieder in einer Kneipe mit Life-Musik. Ich brauche nicht mehr zu erwähnen, dass die Musiker Zigeuner waren... ;-) Es gab vier Sänger, die sich abwechselten, so etwas wie einen kleinen Wettstreit lieferten und was mich wunderte war, dass ich die meisten Roma-Hits schon aus Rumänien, Serbien oder Albanien kannte. Ohne sagen zu können, in welchem Land der Ursprung dieser internationalen Hits liegt, kann man festhalten, dass die Zigeunermusiker sehr gut wissen, was in den anderen Ländern des Balkans „in“ ist und viele Lieder einfach nur übersetzen und in ihrem eigenen Stil interpretieren.

Musiker-in-Varna

Während das Musizieren ganz und gar dem lustigen Zigeunerleben zu entsprechen scheint, entspricht ein anderes traditionelles Gewerbe dem schon weniger: Denn statt einen großen Bogen um den anfangs erwähnten Park an der Kirche des heiligen Kyrill und Methodius zu machen, ging ich nur am Rand vorbei. Trotzdem hatte ich schon nach wenigen Schritten eine, zwei, viele zigeunerische Prostituierte um mich, die mich am liebsten in die Büsche geschleift hätten... Am Anfang versuchte ich noch irgendwas auf Romani, Rumänisch oder Deutsch (die eine hatte in Deutschland gearbeitet) zu sprechen, als es aber immer mehr wurden und sie mir immer weiter an die Wäsche gingen, musste ich schließlich die Flucht ergreifen ... In Rumänien hatte ich kaum gehört, dass sich Zigeunerinnen prostituieren, aber in Bulgarien scheint das sehr verbreitet zu sein. Beim Trampen wurden wir einmal von einem 51jährigen Mann mitgenommen, der Geschäftsführer einer großen Firma war. Er selbst war gerade von seiner 19jährigen Freundin verlassen worden war, nachdem sie drei Jahre mit ihm zusammen gelebt hatte, aber darum geht es eigentlich nicht, sondern darum, dass er erzählte, dass man schon für 1 Euro mit einem zigeunerischen Mädchen schlafen kann. Die Info stammte natürlich nicht von ihm, sondern von einem seiner Fahrer, was ich ihm in diesem Fall auch glaube, da für ihn Geld keine Rolle zu spielen schien.

Dienstag, 15. August 2006

Vom Schätzesammeln und Sorgen

Vor zwei Jahren schrieb Alexander von Schönburg das Buch

"Die Kunst des Stilvollen Verarmens"

Zur Erhöhung der eigenen Glaubwürdigkeit schildert er aus seiner kurzzeitige Rolle als arbeitsloser Adliger heraus auf den ersten Seiten recht amüsant das Nebeneinander von adligen Nimbus, Reichtum und alltagsnormaler Armut. Das dieses Buch in den Zeiten von "`Gürtel enger schnallen"', "`es geht ja nun wirklich nicht so weiter"', "`die Ressourcen werden knapp"' geschrieben wurde, wen wunderts. Ganz nebenbei, die Zeiten in denen Alexander von Schönburg seinen Gürtel enger schnallen musste waren auch schnell vorbei, schon im Juni 2005 wurde er Chefredakteur des Elitemagazins Park Avenue Ihr Motto: "Ganz oben. Ganz vorn. Und ganz nah dran."

Normalerweise bekomme ich Bestseller nur mit, wenn ich zufällig in Harald Schmidts Sendung reinzappe und mir anhöre, was die so alles in einem Monat gelesen haben wollen. Ähnlich ging es mir mit dem oben stehenden Werk. Ich fuhr Zug, hatte nichts zum Lesen und nahm mir das Magazin der Bahn zu Gemüt. Die gesamte Ausgabe war bestimmt von Energie, Ressourcenknappheit, Naturkatastrophen und der Umganng der Menscheit mit ihrer Zukunft. Irgendwo gab es auch die Literaturempfehlung, die mich zum Buch führte.

Das Menschen nicht mit der Zukunft umgehen können, dafür danke ich vorerst noch Gott, denn dieses Spiel mit der Schöpfung haben wir ja zum Glück noch nicht gewonnen. Teilerfolge gab es seit Prometheus, sonst sässen wir jetzt nicht in Häusern aus Stein mit Wärme, Wasser, Strom und dem Internet aus der Wand. Die Grundfrage, die von Schönburg nun stellt, ist nicht die nach dem Umgang mit der Knappheit, nicht die Frage nach der Armut, sondern die nach dem Genuss des Lebens, dem Glück des Lebens oder dem glücklichen Leben.

Das er dabei jedoch grundsätzlich bei all dem bleibt, was unser Leben schön machen soll: Genuß durch einen sinnvollen bewußten Umgang mit dem, was uns zur Verfügung steht, das macht dieses Buch so seicht, wie es Fürstenspiegelliteratur also Ratgeber schon immer waren -- trotz Konsumverzicht keinerlei Rebellion, keine Utopien. Ratgeber leben vom Arrangement, sonst hätte dieses Buch es auch nicht auf irgendeine Liste geschafft. Aber ich will ihn nicht kritisieren, das Buch liest sich schön. Nur ist es banal für alle diejenigen, die eine Ostblockbiographie haben, die die Armutslage des Autoren zeitweilig oder dauerhaft teilten oder in anderen Ländern das Überleben in Armut erlebten. Dass das nicht alle sein können, das zeigt sein reissender Absatz.

Das was der Autor im Leser jedoch evozieren will, ist auf keinen Fall Sozialkritik, sondern Lebensglück. Lebensglück, die Ethik des Glücks gewissermaßen, die treibt mich nun auch schon seit einiger Zeit um. In diesem Blog wird in den nächsten Wochen mehr dazu zu lesen sein.

Eigentlich könnte alles sehr einfach sein. Man nehme sich die Bibel und lese vergnüglich "Vom Schätzesammeln und Sorgen" bei Mathäus 6, 24 - 28:

"Seht die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr als sie? Wer ist unter euch, der seines Lebens Länge eine Spanne zusetzen könnte, wie sehr er sich auch darum sorgt? Und warum sorgt ihr euch um die Kleidung? Schaut die Lilien auf dem Feld an, wie sie wachsen: sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht."


und weiter in 38:

"Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, daß jeder Tag seine eigene Plage hat."


So, nun das ganze schön verinnerlichen und schon macht das Anstehen auf dem Sozialamt etwas weniger Mühe.

Dass Bibelzitate es nicht auf Bestsellerlisten schaffen, dass verwundert wohl keinen. Wohl aber Bücher, die Bibelzitate mit der Praxis des Lebens ausbauen und immer wieder untermauern:"Arm sein ist schön, denn dadurch kann man Reichtum erst richtig geniessen."

---Sarkasmusbremse---

Also hatte Mathäus, äh Gott, mal wieder recht: sorge dich nicht, lebe! Und schon wieder in den Bestsellernapf getappt.

Montag, 14. August 2006

politisches Radio -- Cross radio

Eigentlich war es ein Beitrag in Deutschlandradio Kultur von heute vormittag, den ich ganz toll fand und auf den ich hier nur hinweisen wollte. Leider aber gibt es dazu im online Radio Angebot nicht den Schnipsel zum Mithören und so versuche ich nur kurz den Beitrag mit eigener Recherche wiederzugeben.

Die Zeiten, als Radio noch politsch sein konnte, sind ja hierzulande lange vorbei. Heute sind nur noch Politiker im Radio politisch, was ja auch deren Job ist.

In politisch brisanteren und beweglicheren Orten, wie z.B. Jugoslawiens hat auch noch Radio ein bestimmtes Gewicht. Die Rolle von dem Belgrader Radio B92 kennt man ja sicher auch hierzulande, Es wurde in den Studentenprotesten von Slobodan Milosovics Leuten abgeschalten. Dann konnte es einen Stream im Internet schalten und wurde auf einmal zu einem rebellischen Aushängeschild. Nun gibt es seit Längerem ein multilinguales Radioforum, zu dem sich 19 Radiostationen ex Jugoslaviens sowie Österreichs zusammengeschlossen haben. Diese senden zwei Stunden lang jeden Tag neuestes aus der Kulturlandschaft des Balkans und versuchen hiermit die Nationalabspaltungen, Selbstbeschneidungen und den allgemeinen nationalchauvinistischen Selbstbetrug auf dem Balkan (Achtung meine Worte) zu überwinden. Cross Radio heißt es und gilt als Aushängeschild multilingualer Radio Vernetzungen. Ein erhellendes Interview mit einem der Radiomachern gibt es hier Einen älteren Bericht über das Radio findet man in der NZZ.

Vernetzung und Gemeinsames suchen, finden und feiern erscheint bei den ex Jugoslawen leicht, können sie doch auf eine homogene Kulturlandschaft mit gemeinsamer jugoslawischer Geschichte zurückblicken. Ähnliche Kulturbemühungen wie Radio Multikulti aus Berlin sind ja eher fruchtlose Versuche gemeinsames entstehen zu lassen, was jedoch eher als ein Radio der Parallelprogramme gelten kann.

Samstag, 12. August 2006

Yugotrip

Dirk ist wegen des Krieges in Deutschland auf den Balkan geflohen. Inzwischen Mitte 20, lebt er hier zwischen anderen Migranten, versucht, ein neues Leben zu finden. Aber was hinter ihm liegt, lässt sich nicht so leicht vergessen. Immer wieder spuken seine drei Freunde aus Kriegszeiten als Geister der Vergangenheit durch Dirks Wahrnehmung und bringen ihn aus dem Gleichgewicht.

Auf der Flucht vor seinen Visionen lernt Dirk die 19-jährige Amina kennen. Die beiden kommen einander näher, diskutieren, trinken unendlich viel Kaffee. Dirk bemüht sich um die junge Frau, doch die Dämonen seiner Vergangenheit lassen ihn nicht los. Wenn Matthias, Manfred und Torsten ihn packen, ist Dirk seiner stumpfen Aggressivität fast hilflos ausgeliefert. Statt ihm Erlösung zu bringen, wird Amina durch sein Verhalten zurückgestoßen. Selbst vor der Weichheit Aminas Wesen machen Dirks stumpfe pornographische Träume und autoaggressiven Tendenzen keinen Halt. Ganz allein muss sich Dirk einer Wahrheit stellen, die sich nicht länger verdrängen lässt: Er ist das Opfer einer triebgetriebenen aber gleichsam hilflos machenden Zivilisationidee, in deren Mittelpunkt der “all inclusive” gebuchte Trip in die Toskana als gefährliches Abenteuer gilt.

So wird Dirk auf dem Balkan nicht die Mittel finden, die ihn hier heimisch machen koennten. Er ist das Opfer eines jahrtelangen stumm gefochtenen Krieges mit dem Individuum. Assymetrisch, nannte man das, einen Krieg mit einem Gegner, der sich nicht wehren kann...
So könnte die Kurzbeschreibung des Filmes Yugotrip auch gehen, aber leider ist ja immer alles anders und deswegen bestimmt wieder langweilig. Ich bin das Opfer einer triebgetriebenen aber gleichsam hilflos machenden Zivilisationidee.

Montag, 7. August 2006

Rueckblick

Da das Keyboard im Internetcafe so schlecht ist, sind hier Gross und Kleinbuchstaben eher willkuerlich gesetzt.)

Gestern Nacht fuhr ich zum Bahnhof in Skopje, ein wenig uebereilt aber doch in Sorge, den Zug nicht mehr ganz puenktlich zu erreichen. Als ich ankam, wurden 1,5h Verspaetung angezeigt. Das hatte zur Folge, dass ich meine vier letzten Zigaretten auf dem bahnsteig aufrauchte und ( da in Mazedon. Dinar voellig abgebrannt) den Rest der Nacht in meinem "Privatraucherabteil" ohne nikotinrausch verbringen musste. So rauschte also nur der Zug durch die nacht und kam mit einer Heidenverpaetung in Belgrad an. Ich hatte bisher ja noch nicht die Moeglichkeit hier mir was anzuschauen, das habe ich gerade zwar gemacht aber das auf meinem Rundgang Gesehene, ein ausgebombtes Haus, mehrere Einschuesse an Haeuserwaenden und dazu noch ein Krankenhaus, zwingt mich zu einem Rueckblick. nicht etwa zum Jugoslawischen Krieg und dem nunmehr fast voellig verschwundenen Jugoslavien, sondern nach Skopje nach Shutka in die Zigeuner-, Cowboy- und Partystadt und den Ort der krassen Gegensaetze. (Apropos da gibt es einen witz aus Kroatien: Mann liest die Ueberschrift "Serbien wie ein nokia handy." Darunter sieht man die Entwicklung der Handies von kleinen Handtaschenformaten in den fruehen 90ern bis zu den kleinen Seifenformat der Klapphandies heute)


Was habe ich mitgenommen aus dem Feld, ausser oeberflaechlichen Eindruecken, reizenden Augenblicken, lockerer Stimmung usw. (selbst das Fragzeichen funktioniert hier nicht)

Es sind vor allem die Begegnungen mit vier Maennern, mit vier gelehrten, die immer unaufgefordert und aus sich heraus auf vor allem zwei Themen zu sprchen kamen: die geschichte der Roma und die Sprache der Roma. Die Geschichte der Roma habe ich von den vier in vier verschiedenen und reizenden Varianten gehoert, erstens der Auszug aus Indien, zweitens Roma als Urbevoelkerung des balkans, drittens Roma als Volk Gottes mit der Herkunft aus dem biblischen Land (Jerusalem "alem" auf Romanes fuer gekommen, "jer" auf Romanes fuer Erde also "hier auf die Erde gekommen". ) und viertens Roma als gute Muslime, Einwohner Islamischer Laender, die nichts mit Indien usw. gemein haben.

So unterscheidlich die Herunftsvorstellungen in der Gelehrtenschaft der Roma ist, so untesrchiedlich ist die Sprache und der blick auf die Sprache. Kein Ding bewegt ihr Gemuet so stark wie das Bestreben danach, eine Sprache irgendwann zu sprechen. Die Realitaet in Shutka allein sollte aber zu denken geben: sieben Dialekte in einem Stadtteil einer Stadt, alle so verschiedenen wie Daenisch mit Deutsch. Dazu kommt, dass die Roma bulgariens, Ungarns, Slowakiens und Polens nocheinmal ganz anders sprechen. Eine Literatursprache ist ihr traum, doch die Eingebungen des traumes kommen aus den verschiedensten Richtungen: einmal sind es die Engel Gottes, einmal der demokratische traum der Voelkersverstaendigung, einmal der spaete Traum einer Nation ohne Land. Interessant ist jedoch das keiner der Gluecksritter, der Haendler und Arbeitsmigraten diesen traum mittraeumen. Mammons Gesandte sind multitalentiert und ihre Kommunikation verfolgt einen nachvollziehbaren Zweck, Warentausch, Gelderwerb usw. Die Kommunikation der Gelehrten steht neben diesem Zweck wie eine Schwaemerei dar. Da die Gelehrten aber geschwaetzig sind, wird ihre Schwaemerei sicher Folgen haben, irgendwann...

Sonntag, 6. August 2006

Pikante Themen: Asyl

Nun ist der letzte Tag meiner Erkundungsfahrt in die Welt der Zigeuner angebrochen und ich fahre mit dem Zug nach Hause. Ich kann nach Hause fahren, mein Pass laesst mich jedewede Grenze Suedosteuropas problemlos passieren.

Die Roma in Skopje jedoch haben diese Moeglichkeit nicht. Ihr mazedonischer Pass ermoeglicht ihnen alle Fahrten bis an die Aussengrenze der grossen Barriere, die gezeichnet vom Schengener Abkommen, die Leute in Eu Innlaender und EU Anwaerter trennt. Und doch sprechen die meisten Leute hier in Shutka ein sehr passables Deutsch. Das Zigeuner begnadete Sprachkenner sind, dass konnte ich in den letzten Tagen wiederholt erleben. Gestern traf ich mich mit dem Liederschreiber und Sprachgelehrten Muso, dessen Kunst des Liederschreibens hoch geschaetzt, dessen wissenschaftlichen Fantasien jedoch unerkannt in einer Riesenkiste ihre Zeit abwarten. Ich habe noch nie jemanden getroffen, der so phantasievoll Bedeutungen von Woertern erklaeren kann. Aber ich schweife ab. Also Zigeuner sind Sprachenkenner, mehrsprachig, kennen nicht selten in Skopje Mazedonisch, Albanisch, Romanes, Deutsch und/oder Italienisch, Franzoesisch. Sprachen erlernen sie nicht durch die Buecher (ausser Mazedonisch in der Schule), sondern durch Sprachkontakte.

Sprachkontakte mit dem Deutschen ermoeglichte ihnen das deutsche Asylgesetz. Als in Mazedonien, in Serbien im Kosovo die Balkankriege, Scharmuetzel und Konflikte losgingen, schafften es viele nach Deutschland. Aufgrund des sehr liberalen Umgangs mit der Asylproblematik in NRW sind viele von ihnen in Duesseldorf heimisch geworden. Eine demo vieler tausend Roma 1998 verschaffte ihnen ein Bleiberecht, wenn sie nicht mit dem Gesetz in Konflikt kommen wuerden. Die meisten von ihnen hielten sich dran und duerfen seitdem in NRW bleiben. Duesseldorf gilt hier als Shutka II. Asyl ist im Zusammehang mit den Konflikten auf dem Balkan ein schwieriges Thema. Da werden Kosovo Roma wieder zurueckgefuehrt, die dann aber sofort wieder das Land verlassen muessen, weil die Albaner sie dazu zwingen. In Mazedonien jedoch waren die Konflikte um einiges geringer. Hier gehen und gingen die Roma in einem multiethnischen Gebilde als integrierte Haendler, Gewerbetreibende, Transportarbeiter usw. auf. Viele von ihnen konnten jedoch in Deutschland als Gewerbetreibende u.a. bleiben.

Das geniessen von Asyl, dass Einrichten einer Existenz in einem Teil Westeuropas schafft oft innerfamilliaere Spannungen. Da kommen die Gluecksritter aus dem Ausland mit dicken Geldbeuteln, muehsam angespartem nach Shutka und werden konfrontiert mit den Daheimgebliebenen. Da die Roma nicht gerne Auslandsroma heiraten, sondern lieber Famillienangehoerige oder Gruppenmitglieder ihrer Dialektgruppen aus Shutka heiraten, wird vielen Maedchen und Jungen die Moeglichkeit gegeben, durch Heirat ins Ausland zu kommen. Jetzt wird von der deutschen Regierung offiziellen eine Gefaehrdung von Roma Gruppen in Serbien, Mazedonien negiert. Die Rueckfuehrungen haben laengst stattgefunden. daruch mussten einige der der Asylanten wieder nach Mazedonien zurueckkehren.

Nun haben viele Roma nur noch durch Heirat die Moeglichkeit in den Laendern, die mehr wirtschaftlichen Reichtum versprechen, ihr Glueck zu versuchen.

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Olim ist ein arabischer Vorname, der sich aus der Silbe ilm ableitet und soviel heißt wie der Wissende oder Wissenschaftler. Ich habe den Namen 1994 in Buchara verliehen bekommen und ein Jahr später angefangen, Mittelasienwissenschaften zu studieren. Das tue ich heute immer noch im fortgesetzten Stadium. Devona ist ein Wort das man fuer verrückt, entrückt, weggetreten benutzen kann. Es hat immer irgendwie mit Liebe zu tun, zu den Menschen, zum Leben, zu Gott. Naja und das zusammen macht die Figur Olim devona aus. Manchmal schlüfe ich in sie hinein und fuehle mich dann total devona.

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